Paris und Kunming-Montreal müssen Richtschnur sein

Die Naturschutzorganisationen NABU und WWF Deutschland fordern von der Bundesregierung einen echten Zukunftshaushalt – mit dem sich durchziehenden Kerngedanken der Transformation der Gesellschaft. Eine kluge und weitsichtige Haushaltspolitik wird sich doppelt auszahlen. Sie leistet einen Beitrag dafür, die Klima- und Biodiversitätsziele zu erreichen und die ökologische Transformation voranzutreiben. Dies muss sich im Haushaltsentwurf widerspiegeln, den Finanzminister Christian Lindner morgen im Bundeskabinett vorstellen will, nachdem der Eckwertebeschluss im Frühjahr ausgeblieben ist.

Für einen Zukunftshaushalt fordern NABU und WWF:

  • Die nationalen und internationalen Klima- und Biodiversitätsziele und die notwendigen Veränderungen auf dem Weg dorthin bilden eine Richtschnur für den Bundeshaushalt. Die Bundeshaushaltsordnung muss im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen und dem Kunming-Montreal-Biodiversitätsabkommen weiterentwickelt werden, sodass öffentliche Finanzflüsse zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen. Schlussendlich sollen alle öffentlichen Ausgaben und Einnahmen auf ihre Kompatibilität mit den planetaren Grenzen geprüft werden. Die Klima- und Biodiversitätsziele sollen langfristig, strukturell und steuerungsrelevant im Bundeshaushalt, aber auch in den Anlagerichtlinien der Sondervermögen von Bund und Ländern oder in dem neu einzuführenden Generationenkapital verankert werden.
  • Das Steuer- und Subventionssystem muss klima- und biodiversitätskompatibel umgebaut werden. Einerseits gilt es daher, die circa 68 Milliarden Euro an jährlichen klima- und umweltschädlichen Subventionen ab- und umzubauen. Dies hat die Bundesregierung bereits im Koalitionsvertrag angekündigt, bisher jedoch nicht umgesetzt. Dieses Versäumnis muss sie schnellstmöglich aufholen. Andererseits sollten die freiwerdenden Mittel sinnvoll für die sozial-ökologische Transformation eingesetzt werden, die besonders vulnerable Haushalte unterstützt.
  • Die Priorisierung des erheblichen Investitionsbedarfs, um die Funktionsfähigkeit und Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern auch zukunftsfähig für ein Wirtschaften in den planetaren Grenzen umzubauen. Allein für die Klimaziele werden laut Schätzungen mindestens 46 Milliarden Euro öffentliche Investitionen jährlich bis 2030 benötigt. Die Transformation der öffentlichen Infrastruktur stellt die Grundlage des Umbaus der Wirtschaft dar. Zudem braucht es eine Beteiligungsgesellschaft, die eine öffentliche Beteiligung an Transformationsinvestitionen und -gewinnen sicherstellt. Diese muss die Bundesregierung einrichten.
  • Im Bundeshaushalt 2024 sollten die von der Bundesregierung zugesagten 6 Milliarden Euro internationaler Klimafinanzierung abgebildet werden. Um aber einem fairen Beitrag seitens Deutschlands zu entsprechen, müssten diese auf 8 Milliarden Euro anwachsen. Hinzu kämen noch die bereits im September 2022 von Kanzler Scholz zugesagten 1,5 Milliarden Euro für internationale Biodiversitätsfinanzierung. Erst damit würde Deutschland den eigenen Zusagen für das UN-Biodiversitätsabkommen und dem Pariser Klimaabkommen in diesem Haushalt nachkommen. Entsprechend der Ergebnisse der 15. Weltnaturkonferenz und des Kunming-Montreal-Biodiversitätsabkommens muss der deutsche Beitrag für die internationale Biodiversitätsfinanzierung bis 2030 noch bis auf deutlich über 3 Mrd. Euro im Jahr steigen.

Matthias Kopp, Leiter Sustainable Finance beim WWF Deutschland, sagt: „Der Bundeshaushalt 2024 stellt wesentliche Stellschrauben für die Klima- und Umweltpolitik der nächsten Jahrzehnte fest. Kanzler Scholz hat die Erwartung kürzlich selbst hochgeschraubt: Er fordert eine Klimaschutzpriorität für den Bundeshaushalt. Auch an diesen Worten wird sich der Entwurf von Finanzminister Lindern messen lassen müssen. Es wäre fatal, die Chancen eines an den Klima- und Biodiversitätszielen ausgerichteten Haushalts liegenzulassen. Nur ein Haushalt auf klarem Kurs der deutschen Klimaziele ist ein Zukunftshaushalt.“

Steffi Ober, Teamleiterin Ökonomie und Forschungspolitik beim NABU, sagt: „Damit Haushaltsausgaben im Einklang mit den deutschen Klima- und Naturschutzzielen sind, gilt es, die Ziele durch eine wirkungsorientierte grüne Haushaltsführung (Green Budgeting) im Etat zu verankern. Das bisherige dazu entwickelte Konzept der Spending Reviews der Bundesregierung reicht nicht aus, um Konsistenz zwischen Finanz- und Umweltpolitik zu leisten und sollte an verschiedenen Stellen weiterentwickelt werden. Eine Fokussierung auf zentrale Ziele – insbesondere den Klima- und Biodiversitätsschutz –, die Einbeziehung der Einnahmenseite in die Betrachtung, die Berücksichtigung auch negativer Wirkungen sowie eine Stärkung der parlamentarischen Kontrolle und externen Expertise sind wichtige Ansatzpunkte, um die Wirksamkeit eines Green Budgeting zu erhöhen. Die Bundesregierung sollte diese Empfehlungen sowie bewährte Praktiken aus anderen Ländern bei der Weiterentwicklung des Ansatzes berücksichtigen.”

Kontakt

Julian Philipp

Pressesprecher für Transformation von Wirtschaft und Finanzmarkt / Berlin

  • Amur-Tiger © Ola Jennersten / WWF Schweden Bedrohte Arten

    Der Rückgang der biologischen Vielfalt wird maßgeblich durch menschliches Handeln verursacht. Der WWF setzt sich weltweit für den Schutz bedrohter Arten ein. Erfahren Sie mehr zum Artenschutz