Jahreswirtschaftsbericht des Wirtschaftsministerium sucht erstmals den Bezug zu planetaren Grenzen. Natur und Klima bleiben aber nur ein Randthema.

Wirtschaftsminister Robert Habeck hat heute den Jahreswirtschaftsbericht vorgestellt. Der WWF begrüßt: Schon im zweiten Jahr ergänzt der Bericht das Bruttoinlandsprodukt – den klassischen Indikator für Wirtschaftswachstum – um wesentliche Nachhaltigkeitsindikatoren. So werden etwa Treibhausgasemissionen, Luftschadstoffentwicklung und Nitrateintrag ins Grundwasser erfasst, auch an die ökologischen Grenzen nähert sich der Bericht an. Allerdings: Klima und Natur sind das Fundament unserer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aktivitäten. Sie bleiben im Jahreswirtschaftsbericht aber nur ein Randthema. Für eine aktive und im Sinne der Transformation in Einklang mit den planetaren Grenzen und der 1,5-Grad-Verpflichtung gewollte Steuerung politischer Entscheidungen braucht es mehr.

„Klimakrise und Naturverlust sind die größten Risiken für die Weltwirtschaft in den nächsten Jahren. Sie gehören nicht an das Ende eines Sonderkapitels, sondern fest in den Jahreswirtschaftsbericht. Zudem werden die Nachhaltigkeitsindikatoren lediglich als Rückschau, ohne Prognosen und Handlungsableitungen erwähnt. Im nächsten Bericht sollten die ergänzten Nachhaltigkeitsindikatoren an gleicher Stelle wie das Bruttoinlandsprodukt in der Jahresprojektion für 2024 berücksichtigt werden“, fordert Matthias Kopp, Leiter Sustainable Finance beim WWF Deutschland. „Wissenschaftliche Grenz- und Zielwerte, die Deutschlands Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen und den Erfordernissen der planetaren Grenzen abbilden, müssen eingebunden und weiterentwickelt werden. Zielsetzungen und Meilensteine müssen klar erkenntlich sein, damit die Indikatoren aktiv und steuernd auf wirtschafts- und finanzpolitische Entscheidungsfindungen einwirken können.“ 

Die Frage, „was muss dieses Jahr passieren, damit Deutschland im Einklang mit den planetaren Grenzen wirtschaftet?“, bleibt aktuell offen. Die planetaren Grenzen werden von den Indikatoren nicht ausreichend widergespiegelt. Besonders auffällig: Trotz des Ankündigens im vergangenen Jahr gibt es keinen Indikator für Biodiversität im aktuellen Bericht. Dabei haben erst im Dezember die Ziele des Kunming-Montreal Global Biodiversity Frameworks die dramatische Bedeutung des weltweiten Artensterbens hervorgehoben. Dort verpasst Deutschland die Chance, sich als handlungsfähig zu beweisen und eine Vorreiterrolle aufzubauen.

„Einen Biodiversitätsindikator und konkrete Budgets im Bericht zu ergänzen, kann nur im Interesse der Bundesregierung liegen“, sagt Matthias Kopp. „Dies ist die Grundlage zum Ausrichten zentraler Politikbereiche, um die erfolgreiche Transformation der Wirtschaft und damit die Sicherung unseres gesellschaftlichen Wohlstands zu erreichen. Der Hebel dafür ist der Finanzmarkt, dessen Einbinden nur mit klaren Indikatoren und Zielen funktioniert.“

Trotz des Nachbesserungsbedarfs: Nachhaltigkeitsindikatoren in den Jahreswirtschaftsbericht zu integrieren, ist ein wichtiger Schritt für eine Nachhaltigkeitssteuerung innerhalb der planetaren Grenzen. Und es stärkt eine ressortübergreifende Zusammenarbeit, die für eine ganzheitliche Steuerung zentral ist. Damit dieser auch in den nächsten Legislaturperioden erhalten bleibt, muss die Bundesregierung das erweiterte Indikatoren-Set gesetzlich verankern.
 

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Julian Philipp

Pressesprecher für Transformation von Wirtschaft und Finanzmarkt / Berlin

  • Amur-Tiger © Ola Jennersten / WWF Schweden Bedrohte Arten

    Der Rückgang der biologischen Vielfalt wird maßgeblich durch menschliches Handeln verursacht. Der WWF setzt sich weltweit für den Schutz bedrohter Arten ein. Erfahren Sie mehr zum Artenschutz