WWF vermisst greifbare Konsequenzen zur Verbesserung des Zustands des Flusses

Der WWF Deutschland vermisst ein halbes Jahr nach dem Beginn der Umweltkatastrophe in der Oder Anfang August konkrete Maßnahmen, durch die sich der Zustand des Flusses verbessert. „Bundesumweltministerin Steffi Lemke bezeichnete die Umweltkatastrophe Ende September als `Weckruf´ und sagte, es brauche ein neues, gemeinsames Verständnis davon, was unseren Gewässern noch zugemutet werden könne. Gleichzeitig hält Bundesverkehrsminister Volker Wissing an den veralteten Ausbauzielen der Oder fest. Und wir sehen bislang keine greifbaren Konsequenzen, die dem Zustand der Oder zugutekommen. Der Zustand ist weiterhin miserabel und sehr bedenklich“, sagte der Leiter des WWF-Büro Ostsee, Dr. Finn Viehberg

Die automatische Messgütestation Frankfurt (Oder) verzeichnete am 7.8.2022 die erste Erhöhung einschlägiger Parameter, die auf eine Verschlechterung des Oderzustands hindeuteten. Im Zuge der Umweltkatastrophe im August verendeten nach offiziellen Angaben mindestens 360 Tonnen Fische. Hinzu kamen Muscheln und Kiemenschnecken, die nun in der Nahrungskette fehlen und das Oderwasser nicht mehr filtern.

 

"Der Zustand der Oder ist weiterhin miserabel und sehr bedenklich."

Dr. Finn Viehberg, Leiter des WWF-Büros Ostsee

Erforderlich seien neben der Absenkung menschlicher Einleitungen in die Oder unter strenger Auslegung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie ein sofortiger Ausbaustopp, Maßnahmen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit und zur Renaturierung des Flusses. „Hierbei muss ein ähnliches Tempo an den Tag gelegt werden, wie es derzeit beim Ausbau von Infrastrukturvorhaben gefordert wird. Wir brauchen ein Deutschland-Tempo für den Umwelt- und Naturschutz an Deutschlands Flüssen und Meeren“, sagte Dr. Finn Viehberg.

Als Ursache der Umweltkatastrophe in der Oder gilt ein Zusammenwirken von hohen Wassertemperaturen, hoher Salzbelastung und der besonderen Nährstoffsituation, die in der Summe zum explosionsartigen Wachstum einer Algenart geführt hatten, die dann Giftstoffe freigesetzt hat. „Es handelt sich um eine Belastung des Flusses durch legale und illegale Einleitungen, die andauert. Angesichts der Klimakrise, der damit einhergehenden Trockenheit und fehlenden Wassermengen in der Landschaft sollte uns bewusst sein, dass sich ein solches Fischsterben nicht nur in der Oder, sondern auch anderswo in Deutschland und Europa erneut ereignen kann. Zur Stärkung der Widerstandkraft der Flüsse sind naturbasierte Lösungen gefragt. Hierzu zählt zum Beispiel die Wiederanbindung von Flussauen, die sich positiv auf Artenvielfalt, Gewässergüte und Wasserhaushalt auswirkt“, sagte Dr. Viehberg.

Im Hinblick auf die Oder hatte der WWF gemeinsam mit den anderen Mitgliedern des Aktionsbündnisses lebendige Oder zudem den Stopp der laufenden Ausbauarbeiten der Grenzoder auf polnischer Seite gefordert, durch den die Selbstreinigungskraft des Flusses weiter abnimmt und seine Widerstandsfähigkeit geschwächt wird. „Deutschland hat diesen Ausbau in einem Abkommen von 2015 gemeinsam mit Polen beschlossen. Wir appellieren an das Bundesverkehrsministerium, von den Plänen Abstand zu nehmen und dazu mit Polen in Verhandlungen zu treten.“

Hintergrund: Der WWF Deutschland ist Mitglied des „Aktionsbündnis lebendige Oder“, in dem sich zehn deutsche Umwelt- und Naturschutzorganisationen zusammengeschlossen haben. Länderübergreifend haben sich deutsche, polnische und tschechische Umweltorganisationen im Bündnis „Zeit für die Oder“ zusammengeschlossen. Link: www.saveoder.org

 

Kontakt

Freya Duncker

Pressesprecherin für Meeresschutz und Biodiversität / Hamburg

  • Feldberger Seenlandschaft © Ralph Frank / WWF Deutschland

    Im Norden, Süden, Osten und Westen Deutschlands ist der WWF aktiv und engagiert sich für den Erhalt wertvoller Landschaften, die für zahlreiche Arten wichtiger Lebensraum sind. Mehr zu deutschen Naturschutz-Projekten