„Statt den Weidetierhaltern hilft von der Leyen nur sich selbst“

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat heute in Brüssel einen Versuch gestartet, den Schutzstatus von Wölfen in der EU zu schwächen. Als ersten Schritt schlägt von der Leyen vor, die Berner Konvention anzurufen und zu erbitten, dass der Schutzstatus des Wolfes herabgestuft wird. Die Berner Konvention regelt den Umgang mit wildlebenden Tierarten und listet den Wolf bislang als streng geschützt. Nur wenn der Wolf dort herabgestuft würde, könnte er auch in der EU einen niedrigeren Schutzstatus erhalten und in der Folge prinzipiell auch regulär bejagt werden.  Der WWF fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, den Vorschlag der Kommissionspräsidentin nicht zu unterstützen, da er nicht dazu beitragen wird, Konflikte mit Wölfen wirksam zu lösen. Dazu Moritz Klose, Programmeiter Wildtiere in Europa beim WWF Deutschland:

„Es ist nicht die hohe Anzahl an Wölfen, sondern die hohe Anzahl ungeschützter Weidetiere, die für zunehmende Konflikte zwischen Wolf und Weidetierhaltung in Europa sorgt. Von der Leyens Ansicht mehr Abschüsse würden zu weniger Nutztierrissen führen, entbehrt wissenschaftlichen Grundlagen und ist rein persönlich motiviert. Studien legen nahe, dass eine Bejagung von Wölfen nicht zu weniger Nutztierrissen führt. Der Abschuss von Wölfen, die wiederholt gut geschützte Weidetiere reißen, ist auch in Deutschland bereits möglich.

Von der Leyen untergräbt mit ihrem Vorschlag zahlreiche Naturschutzbemühungen in der EU und macht den Wolf zum Sündenbock für sozioökonomische Probleme in ländlichen Gemeinden.  Statt den Weidetierhaltern in Wolfsgebieten hilft sie damit nur sich selbst.  Was die Weidetierhalter wirklich weiterbringen würde, ist mehr Engagement der Kommissionspräsidentin für einen flächendeckenden und unbürokratischen Herdenschutz und ausreichende Unterstützung für die Weidetierhaltung.“

Hintergrund
Die Berner Konvention des Europarats ist die weltweit älteste Konvention im Bereich des Naturschutzes und seit 1979 in Kraft. Sie gilt als entscheidender Meilenstein internationalen Rechts, das zur Schaffung der EU-Habitatrichtlinie, dem Grundstein des Naturschutzes in der EU führt. Bis heute hat kein Kommissionspräsident jemals in einem internationalen Forum vorgeschlagen, das Ambitionsniveau einer bedrohten Art zu senken. Die Herbeiführung einer Änderung der Berner Konvention erfordert einen Ratsbeschluss und damit eine qualifizierte Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten, die den Vorschlag der Kommission unterstützen. Erst Anfang 2023 richteten sich zwölf Umweltminister in einem Schreiben an Kommissar Sinkevicius mit einer klaren Position gegen die Herabstufung des Schutzstatus des Wolfes.

Studie zu Wolfsabschüssen in der Slowakei
Ziel der Studie „Testing a conservation compromise“ war es, einen in der Slowakei angenommenen Kompromiss zur Bestandserhaltung zu testen, der auf einer öffentlichen Wolfsbejagung und jährlichen Abschussquoten zwischen 2014 und 2019 beruhte. Untersucht wurde, ob die Wolfsjagd Übergriffe auf Viehbestände beeinflusst. Mit zwei verschiedenen Ansätzen konnte kein Zusammenhang zwischen der Anzahl der getöteten Wölfe und den Verlusten an Nutztieren festgestellt werden. Durch die Bejagung von Wölfen konnte die Zahl der Nutztierrisse also nicht reduziert werden. Seit 2021 wird in der Slowakei keine öffentliche Wolfsjagd mehr durchgeführt.

 

Kontakt

Rebecca Gerigk

Pressesprecherin für Wald, Biodiversität, Wildtiere in Deutschland / Berlin