Bundesbank und Bafin bleiben unter ihren Möglichkeiten, um einen transformativen und resilienten Finanzsektor zu flankieren

Zentralbanken und Finanzaufsichtsbehörden bleiben im internationalen Vergleich trotz Fortschritten bei der Transformation zu einer naturfreundlichen Netto-Null-Wirtschaft weit unter den ihnen gebotenen Möglichkeiten. Das zeigen die Ergebnisse des internationalen SUSREG-Jahresberichts aus 47 Ländern, den der WWF heute veröffentlicht hat. 
 
Die Ergebnisse zeigen, dass mehrere nationale Zentralbanken und Finanzaufsichtsbehörden seit der ersten SUSREG-Bewertung im Jahr 2021 zwar Fortschritte gemacht haben und anfangen, Klima- und Umweltfragen auch in die Finanzmarktregulierung und -aufsicht zu integrieren. Allerdings gibt es nach wie vor erhebliche Lücken, insbesondere in Ländern mit hohem Einkommen, in Ländern mit den höchsten Treibhausgasemissionen und in Ländern mit der größten biologischen Vielfalt. 
 
Zu den Fortschritten gehören:

  • die Entwicklung von Überwachungsmethoden zur Bekämpfung des Biodiversitätsverlustes und die Integration von Biodiversitätsindikatoren in die Portfoliosteuerung bei Zentralbanken. 
  • die Erstellung sektorspezifischer Kreditvergaberichtlinien für fossile Hochrisikosektoren, um beaufsichtigte Finanzinstitute bei der Bewertung der Nachhaltigkeitsrisiken ihrer Kunden zu unterstützen.
  • die wachsenden Anforderungen an beaufsichtigte Finanzinstitute unternehmensstrategische Transformationspläne als Antwort auf Klimakrise und Naturverlust offenzulegen.

 Aber der Report stellt auch kritisch fest, dass: 

  • der Schwerpunkt der nachhaltigkeitsbezogenen Zentralbank- und Versicherungsaufsichtsaktivitäten ausschließlich auf Klimarisiken liegt, dabei jedoch nicht umfassendere ökologische und soziale Folgen wie der Verlust der Biodiversität berücksichtigt werden. 
  • lediglich 18 Prozent der Zentralbanken nennenswerte Fortschritte in der Berücksichtig von Klimarisiken in ihrer Geldpolitik aufweisen.
  • 68 Prozent der Länder mit hohem Einkommen noch keine angemessenen Klima- und Umweltrichtlinien für die Bankenaufsicht verabschiedet haben.
  • einige der Länder mit den höchsten Emissionen keine strengen klimabezogenen Banken- und Versicherungsaufsichtsrichtlinien eingeführt haben.
  • mehr als die Hälfte der Länder mit klimapolitischen Netto-Null-Zielen (20 von 37) sehr schwache Anforderungen an die klimabezogene Bankenaufsicht haben.
  • in den Ländern mit der größten biologischen Vielfalt im asiatisch-pazifischen Raum und in Lateinamerika die nachhaltige Banken- und Versicherungsaufsicht unzureichend ist, so dass diese Länder in hohem Maße naturbezogenen Risiken ausgesetzt sind.

"Wenn Klimaschutz durch die Öffentliche Hand in Deutschland auf Grund von Haushaltsengpässen in Zukunft weniger finanzierbar sein sollte, ist es umso dringender erforderlich, dass Zentralbanken, Aufsichts- und Regulierungsbehörden klare Signale setzen. Sie müssen den Weg aufzeigen, wie private Kapitalströme in die Transformation der Wirtschaft gelenkt werden können, um Preis- und Finanzmarkstabilität längerfristig zu sichern."

Jochen Krimphoff, Leiter Daten, Instrumente und Methoden der WWF-Initiative „Greening Financial Regulation Initiative“ (GFRI)

Jochen Krimphoff, Leiter Daten, Instrumente und Methoden der WWF-Initiative „Greening Financial Regulation Initiative“ (GFRI), sagt: „Wenn Klimaschutz durch die Öffentliche Hand in Deutschland auf Grund von Haushaltsengpässen in Zukunft weniger finanzierbar sein sollte, ist es umso dringender erforderlich, dass Zentralbanken, Aufsichts- und Regulierungsbehörden klare Signale setzen. Sie müssen den Weg aufzeigen, wie private Kapitalströme in die Transformation der Wirtschaft gelenkt werden können, um Preis- und Finanzmarkstabilität längerfristig zu sichern. Zur Abwehr zukünftiger Finanzmarktrisiken müssen insbesondere auch Bundesbank und Bafin einen wirkungsvollen Beitrag im Kampf gegen die Klimakrise und den Biodiversitätsverlust leisten. Auf internationaler Ebene hat die deutsche Bundesbank in den nächsten zwei Jahren eine einmalige Chance wichtige Impulse zu setzen."

Die Bundesbank und die Bafin haben als Aufseher über die deutsche Banken- und Versicherungsbranche zwar erste Grundlagen für einen transformativen und nachhaltigen Finanzsektor gelegt. Im diesjährigen SUSREG-Bericht stellt sich für beide Behörden jedoch ein größtenteils konstantes und heterogenes Ergebnis im Vergleich zum Vorjahr dar:

  • Gut schneiden die Bundesbank und Bafin in den Themenblöcken institutsindividuelle Aufsicht und Offenlegungsanforderungen ab, da auf EU-Ebene starke Impulse gesetzt wurden.
  • Das größte Verbesserungspotential besteht hingegen jeweils in den Themenblöcken Finanzsystem- und Transformationsstabilität sowie aufsichtliche Vorbildfunktion durch klare Signale nicht nur auf EU-Ebene, sondern auch für den deutschen Markt. 

Maud Abdelli, Leiterin der WWF-Zentralbankinitiative, sagt: „Untätigkeit oder zögerliches Handeln verschärfen die doppelte Klima-Natur-Krise. Auf dem UN-Klimagipfel COP28 in der vergangenen Woche einigten sich die Länder auf eine Abkehr von den fossilen Brennstoffen, versäumten es aber, sich zu einem vollständigen Ausstieg zu verpflichten und dem Schutz der Natur Vorrang einzuräumen. Zentralbanken und Aufsichtsbehörden müssen eine herausragende Rolle dabei spielen, Finanzmittel weg von den umweltschädlichsten Sektoren wie Kohle, Gas und Öl zu lenken und Mindestanforderungen an Nachhaltigkeit in der Finanzregulierung und -aufsicht festzulegen.“
 
Aufbauend auf seiner Zentralbank-Roadmap fordert der WWF daher Zentralbanken, Finanzaufsichtsbehörden und Regulierungsbehörden dringend auf: 
 

  • sich neue nominale Anker für die Mandate der Zentralbanken und der Finanzaufsicht zu setzen: 1,5-Grad-Begrenzung, Wiederherstellung der biologischen Vielfalt bis 2050, Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 50 Prozent und naturverträgliche Wirtschaft bis 2030.
  • eigene Transformationspläne für den Übergang zu einer Paris-kompatiblen und naturverträglichen Wirtschaft zu veröffentlichen, die transparent und messbar sind und sämtliche ihrer Aktivitäten einbeziehen.
  • die naturschädlichsten und nicht-transformierbaren Sektoren aus ihren eigenen Portfolios zeitnah auszuschließen und entsprechende aufsichtliche Erwartungen an beaufsichtigte Finanzinstitute zu stellen.
  • einen vorsorglich-prohibitiven Ansatz anzuwenden, der alle verfügbaren Instrumente der bankindividuellen- und Finanzstabilitätsaufsicht zur Eindämmung der sich beschleunigenden Klima- und Naturkrise nutzt. Anstatt endlos auf scheinbar perfekte Daten und Rechenmodelle zu warten, müssen die Finanzaufsichtsbehörden angesichts ungewisser und potenziell katastrophaler Umweltbedrohungen präventiven und wirkungsvollen Maßnahmen Vorrang einräumen.

Der SUSREG-Report erfasst Zentralbanken und Finanzaufsichtsbehörden aus 47 Ländern. Zusammen repräsentieren sie über 88 Prozent des globalen BIP, 72 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen und 11 der 17 Länder mit der größten biologischen Vielfalt der Welt. Allein der der Versicherungssektor verwaltet weltweit ein Vermögen von 30 Billionen US-Dollar, mit einem weltweiten Prämienvolumen von 5 Billionen US-Dollar hält die Versicherungsbranche rund ein Drittel der weltweiten wirtschaftlichen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten in ihren Bilanzen.
 

Kontakt

Jelena Admoni

Pressesprecherin für Unternehmenskooperationen

  • Amur-Tiger © Ola Jennersten / WWF Schweden Bedrohte Arten

    Der Rückgang der biologischen Vielfalt wird maßgeblich durch menschliches Handeln verursacht. Der WWF setzt sich weltweit für den Schutz bedrohter Arten ein. Erfahren Sie mehr zum Artenschutz