Berlin, 22.08.2023: Der Expertenrat für Klimafragen hat die mangelhaften Klimaschutzbemühungen der Regierung bestätigt. Das geht aus Stellungnahmen des Expertenrats hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurden. Demnach reichen die Maßnahmen des Klimaschutzprogramms der Regierung bei Weitem nicht aus, um die Klimaziele Deutschlands zu erreichen. Der Expertenrat attestiert, dass bis 2030 deutlich mehr als 200 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente zu viel ausgestoßen werden. Auch der zeitgleich veröffentlichte Projektionsbericht der Bundesregierung zeigt auf, dass die Lücke zwischen Realität und Ziel weiter auseinanderklafft: Selbst bei einer angenommenen vollständigen Umsetzung des Klimaschutzprogramms kann die Klimaschutzlücke nicht geschlossen werden.
Dazu sagt Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland:
„Brände, Dürren, Überschwemmungen: Während wir die Klimakrise weltweit immer extremer zu spüren bekommen, werden in Deutschland die im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen für mehr Klimaschutz ins Klein-Klein zersetzt. Das Gebäudeenergiegesetz wurde zerpflückt, die kommunale Wärmeplanung so nachgiebig gestaltet, dass Effekte auf Jahre verzögert werden. Mindeststandards für Häuser auf EU-Ebene könnten als nächstes von der Klimaschutz-Blockade betroffen sein. Die Gebäudewende kommt so deutlich zu langsam. Von der Verkehrswende ist noch nicht einmal etwas zu erahnen. Strukturelle Veränderungen zeigt bislang nur der Energiesektor – auch wenn der Abschied fossiler Energieträger aufgrund der enormen CO2-Volumina hier noch viel schneller kommen muss. Das vorgelegte Klimaschutzprogramm der Bundesregierung mit mehr als 130 Einzelmaßnahmen ist somit nicht mit dem Klimaschutzgesetz vereinbar. Um uns vor den Auswirkungen der Klimakrise zu schützen, brauchen wir jetzt wirksamen und umfassenden Klimaschutz in allen Sektoren. Und darüber muss ein stringentes Gesamtkonzept stehen, mit einem starken Klimaschutzgesetz als Kern!”
Die Stellungnahme des WWF zum Klimaschutzprogramm finden Sie hier: https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Klima/WWF-Stellungnahme-Klimaschutzprogramm2030.pdf
Zum Hintergrund:
Der Expertenrat für Klimafragen hat den Entwurf des Klimaschutzprogramms 2023 geprüft, das die Regierung im Juni erstellt hat, sowie die Sofortprogramme für den Gebäude- und Verkehrssektor, die laut Regierung im Klimaschutzprogramm enthalten sind. Entgegen gesetzlichen Verpflichtungen aus dem Klimaschutzgesetz (§ 8 Abs. 1 KSG) haben diese Sektoren keine eigenständigen Sofortprogramme aufgelegt, nachdem sie im vergangenen Jahr ihre Ziele verfehlt haben. Nach aktueller Rechtslage hätten das Bau- und das Verkehrsministerium diese Sofortprogramme bis 17. Juli vorlegen müssen. Weiterhin nicht vorgelegt wurde der Klimaschutzbericht, auch hierzu ist die Regierung laut geltendem Klimaschutzgesetz verpflichtet, die Frist ist bereits verstrichen. Der Projektionsbericht wurde an diesem Dienstag veröffentlicht, nachdem auch hier die Frist aus dem Klimaschutzgesetz seit langem abgelaufen ist.