Welche Auswirkungen hat die Krabbenfischerei im deutschen Wattenmeer auf die Natur am Meeresboden? Ein heute vorgestellter Bericht des Forschungsprojekts CRANIMPACT konnte nur wenige Effekte nachweisen. Der WWF warnt angesichts methodischer Schwächen und Einschränkungen der Untersuchung davor, das Management der Krabbenfischerei an diesen Ergebnissen auszurichten und fordert die Einrichtung großer fischereifreier Zonen im Nationalpark Wattenmeer. Die Studienergebnisse reichten nicht aus, um den Einfluss der Krabbenfischerei auf den Meeresboden des Wattenmeeres zu bewerten.
„Wir begrüßen jede Studie, die zum Schutz des Wattenmeeres durch ein verbessertes Management der Fischerei beitragen kann, sehen hier jedoch zu viele Lücken und methodische Schwächen. Es fehlt vor allem ein belastbarer Vergleich mit tatsächlich unbefischten, natürlichen Prielsystemen. Die existieren in Deutschland auch längst nicht mehr, weil alles befischt wird. Die herangezogenen Vergleichsdaten aus Dänemark stammen alle aus ein und demselben Priel, die Ergebnisse sind deshalb statistisch nicht belastbar“, sagt Stella Nemecky, Fischereiexpertin des WWF Deutschland. Zudem deuten Positionsdaten von Kuttern darauf hin, dass der untersuchte dänische Priel trotz des dort bestehenden Verbotes befischt worden sein könnte und möglicherweise keine unberührte Vergleichsfläche ist.
Wie intensiv die Fischereiaktivitäten in den untersuchten Arealen jeweils waren, wurde nur anhand der groben VMS-Positionsdaten der Fangschiffe ermittelt, die alle zwei Stunden ein Signal abgeben. „In diesem Zeitraum fischt ein Kutter rund 14 km weit, so dass sich nur ein grobes Bild der Fischereiintensität ergibt. Es hätte die Aussagekraft der Analyse stark verbessert, wenn von den größeren Kuttern auch die AIS-Signale ausgewertet worden wären, die alle paar Minuten aufgezeichnet werden“, so Nemecky.
Eine Reihe wichtiger Lebensräume der Unterwasserwelt sowie Arten, die besonders empfindlich auf Bodenschleppnetze reagieren, waren gar nicht Gegenstand der Untersuchung. Auch die früher häufigen Sandkorallenriffe oder Unterwasser-Seegraswiesen gingen in der Vergangenheit verloren und konnten somit nicht einbezogen werden. „Was nicht mehr da ist, kann auch nicht untersucht werden. Alle Beprobungen für die Studie haben auf bereits beeinträchtigtem Gebiet stattgefunden. Die Krabbenfischerei hat wahrscheinlich Anteil daran, dass sich diese früher typischen Lebensräume bisher nicht erholt haben“, erläutert Stella Nemecky. Aus Sicht des WWF eignet sich die Studie deshalb nicht als Grundlage für die Regelung der Krabbenfischerei im Nationalpark.
„Die Notwendigkeit, Meeresschutzgebiete vor Bodenschleppnetzen zu schützen, besteht nach wie vor – ganz besonders wenn sie den höchsten Schutzgrad eines Nationalparks haben. Deutschland muss den Meeresschutz auch hier endlich ernst nehmen und fischereifreie Zonen in den Schutzgebieten des Wattenmeeres einrichten“, fordert Fischereiexpertin Stella Nemecky vom WWF. „Es ist ebenso nötig wie möglich, den Beifang der Krabbenfischerei deutlich zu reduzieren und Netze einzusetzen, die weniger Grundberührung und eine höhere Maschenweite haben.“ Anstatt den jüngst vorgelegten „EU-Aktionsplan zum Schutz und zur Wiederherstellung mariner Ökosysteme für eine nachhaltige und widerstandsfähige Fischerei“ abschwächen zu wollen, wie es Teile der regionalen Politik und Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir bereits zum Ausdruck brachten, sieht der WWF die drängende Aufgabe darin, die Krabbenfischerei nationalparkverträglich zu machen und diese Transformation sozialverträglich zu gestalten. Dafür sei es erforderlich, dass Krabbenfischerei, Politik und Naturschutz in ernsthafte Gespräche miteinander kommen, um Maßnahmen zu vereinbaren und umzusetzen, die den Schutz unserer Meere sicherstellen, aber auch für die Fischerei in die Zukunft führen.