Anlässlich der 14. trilateralen Wattenmeer-Konferenz in Wilhelmshaven fordern dänische, deutsche und niederländische Umweltverbände bei einer gemeinsamen Aktion einen wirksameren Schutz des Wattenmeeres. Trotz eines hohen Schutzstatus und herausragender Bedeutung für den Erhalt der biologischen Vielfalt und den Klimaschutz wird das Weltnaturerbe Wattenmeer weiterhin stark von vielfältigen Nutzungen bedroht. Die Verbände appellieren an die Politik, sich auf ein wirksames Maßnahmenpaket zur Eindämmung der Belastungen des Wattenmeeres zu einigen.
In den meisten Bereichen des Wattenmeeres wird nach wie vor intensive Fischerei betrieben. Die Verbände fordern nachdrücklich eine großflächige Ausweisung von fischereifreien Ruhezonen in den Wattenmeer-Nationalparken, um der Natur die Möglichkeit zur Erholung zu geben. Nur wenn ein Großteil des Wattenmeeres unter strengen Schutz gestellt wird, besteht Aussicht, das 10-Prozent-Schutzziel der EU-Biodiversitätsstrategie 2030 zu erreichen. Damit sich Wanderfische zwischen dem Wattenmeer und ihren flussaufwärts gelegenen Lebensräumen frei bewegen können, müssen Barrieren wie z. B. Schöpfwerke und Wehre entschärft und somit Flüsse durchgängig gemacht werden.
Eine der größten Bedrohungen der sensiblen tidegeprägten Flussmündungen sowie Unterwasserwelt des Wattenmeers ist das Ausbaggern und Verklappen von Sedimenten infolge der massiven Flussvertiefungen von Ems, Weser und Elbe. Um die Schäden einzudämmen, ist eine Kooperation der Küstenanrainer und Häfen dringend erforderlich. Weitere Flussvertiefungen lehnen die Umweltschützer*innen ab und fordern dort, wo es unverzichtbar ist, wirksame Bemühungen der Länder für ein gemeinsames, ökologisches Sedimentmanagement. Den Hamburger Plänen, künftig Elbschlick nahe der Vogelinsel Scharhörn zu deponieren, erteilen die Verbände eine strikte Absage.
Die Gewinnung von Öl und Gas findet immer noch an einigen Stellen im Wattenmeer statt und bedroht Natur und Klima. Es gibt sogar Pläne in den Niederlanden und in Deutschland, dies auszuweiten. Die Umweltverbände fordern, „die Förderung fossiler Rohstoffe im Wattenmeer bis spätestens 2030 endgültig zu beenden, um Klimaneutralität und den Schutz des Weltnaturerbes zu erreichen. Die Erzeugung erneuerbarer Energien an der Küste und auf See kann und muss naturverträglich erfolgen.“ Schutz und Wiederherstellung von Salzwiesen, Seegras und andere Küstenökosysteme müssen intensiviert werden, um Kohlenstoff zu speichern und gleichzeitig die Küste zu schützen. Der Ausbau von Windenergieanlagen sei notwendig, dürfe aber die ökologische Tragfähigkeit der Nordsee und des Wattenmeeres nicht übersteigen. Dafür müsse auch die Zahl der Kabeltrassen durch das sensible Wattenmeer limitiert werden. Windparks innerhalb des geschützten Wattenmeeres, auf den Inseln oder in angrenzenden geschützten Meereszonen sind zu Recht nicht erlaubt und zum Erreichen einer Klimaneutralität auch nicht erforderlich.
Auch mit problematischen Altlasten ist das Wattenmeer weiterhin konfrontiert: Altmunition, inklusive chemischer Waffen, aus den vergangenen beiden Weltkriegen stellt eine große Gefahrenquelle dar. Das neue deutsche 100-Millionen-Euro-Sofortprogramm „Munition im Meer“ ist ein guter Schritt, um die Beseitigung voranzubringen. Die Umsetzung im Wattenmeer muss nun zeitnah und über deutsche Grenzen hinaus erfolgen.
Die Naturschutzverbände dreier Länder sind überzeugt, dass die staatenübergreifende Zusammenarbeit entscheidend für einen erfolgreichen Schutz des Wattenmeers ist und auch international eine Vorbildfunktion hat. Die bereits bestehenden Netzwerke wie die Nationalparkpartnerschaften müssen weiter gestärkt und neue Netzwerke geschaffen werden. Die Verbände unterstützen weitere Partnerschaften und Kooperationen mit Wirtschaftssektoren wie Tourismus, Schifffahrt und Häfen, wenn durch sie der Schutz des Wattenmeeres gestärkt wird. Auch die internationale Zusammenarbeit über die Anrainerstaaten hinaus muss fortgesetzt und ausgebaut werden, wobei ein Schwerpunkt auf dem Schutz von Zugvögeln und Lebensräumen liegt.
Hintergrund:
Im Rahmen der trilateralen Wattenmeer-Kooperation haben 25 dänische, deutsche und niederländische Umwelt- und Naturschutzorganisationen einen gemeinsamen „Call for Action 2022“ an die Minister*innen der Trilateralen Wattenmeer-Kooperation adressiert, um auf die politischen Leitlinien zum Meeresschutz in den kommenden vier Jahren Einfluss zu nehmen. Die Umweltminister*innen der Niederlande, Deutschlands und Dänemarks treffen sich vom 28. November bis zum 1. Dezember 2022 in Wilhelmshaven, um sich auf die Leitlinien ihrer Zusammenarbeit für die nächsten vier Jahre zu einigen. Deutschland hat derzeit den Vorsitz der trilateralen Kooperation inne und wird nun von Dänemark abgelöst.
Umweltverbände fordern ehrgeizige Maßnahmen zum Schutz des Wattenmeeres
Kontakt
Britta König
Pressesprecherin für Meeresschutz und Plastikmüll / Hamburg
- Bedrohte Arten