Die UN-Klimakonferenz COP27 im ägyptischen Scharm el-Scheich ist mit zu viel Stillstand beim Klimaschutz und keinem Fortschritt zu Ende gegangen. Die größten Knackpunkte auf der Konferenz waren bis in die Nacht zwei Themen: die Verantwortung der Industrieländer Gelder für klimabedingte Schäden und Verluste bereitzustellen sowie dringend benötigte höhere Anstrengungen beim Reduzieren von Emissionen, um ebensolche Schäden so gering wie möglich zu halten.
Viviane Raddatz, Leiterin Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland, sagt: „Während die Klimakrise voranschreitet und immer mehr Länder härter getroffen werden, konnten sich die Vertragsparteien hier in Sharm el-Scheich nur auf einen Durchbruch bei der Behandlung der Symptome einigen, nicht aber darauf, die Ursache abzustellen.“ In beiden Bereichen ist die Kluft zwischen den Industriestaaten und den Schwellenländern erneut deutlich zutage getreten, weil erstere sicherstellen wollten, dass auch wohlhabendere Schwellenländer in einen Fonds für Schäden und Verluste einzahlen und zugleich mehr Ambition bei der Emissionsminderung zeigen.
Positiv bewertet der WWF, dass sich die Vertragsstaaten endlich auf einen ersten Rahmen für einen Fonds zur Finanzierung von klimabedingten Schäden und Verlusten einigen konnten. „Dies bleibt aber ein Durchbruch mit Einschränkungen, denn erstens ist an dem Grundgerüst noch viel zu klären, gleichzeitig steht die COP27 für ein weiteres verlorenes Jahr beim klaren Adressieren der Ursache der Klimakrise: dem Verbrennen fossiler Energien. So droht der Finanzrahmen für Schäden und Verluste zu einem ‚Fonds für das Ende der Welt‘“ zu werden“, sagt Raddatz. „Es ist die Enttäuschung dieser COP, dass es nicht gelungen ist, ein Bekenntnis zum schrittweisen Ausstieg aus allen fossilen Energien zu verankern. Obwohl das viele Länder gefordert hatten.“ Dies hätte es in der fossilen Abhängigkeitskrise gebraucht, um einen klaren Weg zum Halten des 1,5-Grad-Limits aufzuzeigen.
Eine weitere COP wie diese, bei der es keine Fortschritte gibt, darf es nicht mehr geben. Die Regierungen müssen nun ihre Anstrengungen verstärken und Glaubwürdigkeit beim Klimaschutz auf die Agenda der nächsten COP setzen. Die Lücke zwischen dem, was an Klimaschutz notwendig ist, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, und den gesetzten Klimazielen, ist nach wie vor enorm. Noch größer ist die Kluft zwischen den erklärten Zielen und der tatsächlichen Umsetzung. Um Letztere sollte es in Scharm el-Scheich eigentlich schwerpunktmäßig gehen.
„Das von der Präsidentschaft gesetzte Motto ‚together for implementation‘ wurde hier weit verfehlt“, sagt Fentje Jacobsen, WWF-Expertin für internationale Klimapolitik. „Ein guter Schritt ist zwar das vereinbarte Arbeitsprogramm zur Minderung, damit werden bessere Zusammenarbeit sowie Transparenz und Empfehlungen zum Stand der Maßnahmen zum Schließen der Umsetzungslücke verankert. Seitens der ägyptischen Präsidentschaft fehlte es jedoch über die zwei Wochen hinweg an Integrationskraft, Transparenz und Willen, um hier auf den Ergebnissen von Glasgow aufbauend einen Beschluss zu bekommen, der die Weltgemeinschaft auf den 1,5-Grad-Pfad führt und einen deutlichen Schritt weg von fossilen Energieträgern vereinbart. Mangelnde Transparenz der Präsidentschaft galt hier vor Ort insbesondere auch im Hinblick auf Menschenrechte und Meinungsfreiheit.”
Von der Bundesregierung und der EU gingen zumindest starke Impulse aus, auch beim Klimaschutz international voranzukommen und ein klares Bekenntnis zum Ausstieg aus allen fossilen Energien zu verankern. „Dies muss sich zu Hause entsprechend niederschlagen. Das bedeutet unmissverständlich, den Ausbau erneuerbarer Energien und sauberer Anwendungen und Industrieprozesse zu beschleunigen und von neuen fossilen Projekten Abstand zu nehmen - im Ausland wie in Deutschland. Auch in Deutschland ist die Umsetzungslücke enorm, wie der Expertenrat der Bundesregierung erst vor der COP klar gemacht hatte. Es ist deshalb mehr als dringlich, ein ambitioniertes Sofortprogramm zum Erreichen der Klimaziele 2030 zu beschließen”, fordert Viviane Raddatz.
Weltklimakonferenz endet mit schwachem Puls des 1,5-Grad-Limits
Kontakt
Jelena Admoni
Pressesprecherin für Klimaschutz und Energiepolitik / Berlin
- Weltweit für mehr Klimaschutz