- Erfolgreiches Programm zeigt, wie sich Artenschutz umsetzen und durch Vermarktung entsprechender Produkte finanzieren lässt
- Inzwischen mehr als 170 teilnehmende Bio-Höfe in fast ganz Deutschland
- LfA-Produktsortiment-Ausweitung auf Mehle
Als Pionier feiert das Programm „Landwirtschaft für Artenvielfalt“ (LfA) dieses Jahr sein 10-jähriges Jubiläum. In Zusammenarbeit zwischen WWF und dem EDEKA-Verbund sowie weiteren Partnern gelang es seit 2012, ein neues Naturschutzmodul für spezielle Leistungen zur Förderung der Artenvielfalt zu entwickeln. Diese Naturschutzleistungen, die die Bio-Betriebe erbringen, sind weder laut Ökoverordnung gesetzlich vorgeschrieben, noch sind sie bisher Bestandteil der Richtlinien der Öko-Anbauverbände. Der EDEKA-Verbund honoriert den dadurch entstehenden Mehraufwand der Bio-Landwirt:innen und vermarktet ausgewählte Produkte der teilnehmenden Höfe. Der Einsatz zahlt sich aus: Erfolgskontrollen bestätigen die Wirkung der Naturschutzmaßnahmen.
Die intensive Bewirtschaftung führt in vielen landwirtschaftlich geprägten Räumen zu einem Rückgang der Artenvielfalt. Das LfA-Programm zeigt, wie Bio-Landwirt:innen ihre Flächen so bewirtschaften, dass sie noch mehr Lebens- und Rückzugsraum für heimische wildlebende Tier- und Pflanzenarten bieten.
Seit 2012 gemeinsam für den Schutz der Natur
Das Gemeinschaftsprogramm wurde bereits 2012 von WWF, EDEKA, den ökologischen Anbauverbänden wie dem Mitbegründer Biopark sowie dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V. initiiert. Herzstück ist ein betriebsgerecht variierbares Naturschutzmodul als Zusatzqualifikation für den Öko-Landbau. Die Betriebe erhalten kontinuierliche Naturschutzberatungen und wählen gemeinsam mit den Berater:innen aus einem Katalog von über 100 naturschutzfachlichen Maßnahmen passende Optionen aus, abgestimmt auf ihren Betrieb und die dortigen Bedingungen. Im Discountsegment ist Netto Marken-Discount seit 2020 exklusiver Handelspartner des LfA-Programms.
„Als Pionier gelang es uns, Artenvielfalt und Agrarwirtschaft zu vereinen und ein Modell zu entwickeln, wie sich Zusatzleistungen für Naturerhalt auch finanzieren lassen. Heute ist LfA das größte nationale Programm mit dieser Zielsetzung. Unsere Auswertungen zeigen klar: Insekten, Amphibien, Vögel und seltene Acker- und Wiesenpflanzen profitieren von den Naturschutzmaßnahmen. Auch angesichts der aktuellen politischen Diskussionen wird deutlich: Biodiversitätsverlust ist neben der Klimakrise das große Umweltthema unserer Zeit und betrifft die Grundlagen unseres Lebens. Wir brauchen jetzt Lösungen dafür und LfA ist ein solcher Ansatz“, sagt Lukas Wortmann, Leiter des LfA-Programms bei WWF Deutschland.
„EDEKA und Netto Marken-Discount setzen sich seit Jahren für den Erhalt der Artenvielfalt und den Schutz natürlicher Lebensräume ein. Die Bedeutung von Regionalität und Artenschutz ist mittlerweile auch stärker im Bewusstsein von Verbraucher:innen angekommen. Mit dem EDEKA-Verbund hat LfA einen Partner, der die Vermarktung der Bio-Produkte mit dem Artenschutz-Plus übernimmt“, erläutert Rolf Lange, Leiter der Unternehmenskommunikation der EDEKA ZENTRALE Stiftung & Co. KG.
Deutschlandweit mehr Artenvielfalt in den Regalen
Kund:innen können Produkte aus dem LfA-Programm in vielen EDEKA-Märkten ihrer Region erwerben – größtenteils erkennbar am grünen LfA-Vogel-Logo. Dazu gehören Fleisch- und Wurstwaren oder ein national erhältlicher Apfelsaft, den es auch unter der Eigenmarke BioBio bei Netto zu kaufen gibt. Mitte 2022 wird das EDEKA-Sortiment in Norddeutschland um verschiedene Bio-Mehle erweitert. Weitere Produktausweitungen sind bei EDEKA und Netto in Planung. Mittlerweile nehmen 170 Bio-Betriebe am Programm teil, über 30 weitere Öko-Höfe sind derzeit neu in der Beratung. Sie alle liegen in elf der insgesamt 13 Flächenbundesländern. Teilnehmende Höfe lassen beispielsweise Streifen von Kleegrasfeldern ungemäht, nutzen vielfältige Fruchtfolgen, bieten Lebensraum für Ackerwildkräuter und schaffen mit Nist- und Quartiershilfen Lebensraum für Kleinvögel, Insekten und Reptilien. Der Schwerpunkt bei der Tierhaltung liegt auf der Mutterkuh- und Schweinehaltung.
Mehr Informationen unter: https://www.landwirtschaft-artenvielfalt.de/
Hintergrund:
Um den Erfolg der zusätzlichen Naturschutzmaßnahmen zu überprüfen, führt das ZALF e.V. auf ausgewählten Betrieben Bestandserfassungen bestimmter Arten durch. Die Ergebnisse zeigen:
- Bei Zählungen von Hummeln und Schmetterlingen in Brandenburg zeigte sich, dass ungemähte Streifen von Kleegras und Luzerne als Nahrungsrefugium nach der Mahd dienen. Die Dichte dieser blütenbesuchenden Insekten war dort rund fünfmal bis über 20-mal so hoch im Vergleich zur gemähten Fläche. 43 verschiedene Tagfalter-Arten wurden beobachtet, von denen 12 gemäß der Roten Liste als gefährdet oder stark gefährdet gelten. Bei den Hummeln waren es 18 Arten mit sieben Arten gemäß der Roten Liste.
- Bei Untersuchungen auf sechs süddeutschen Betrieben wurden insgesamt mehr als achtmal so viele Insekten in ungemähten Streifen wie auf der gemähten Fläche gefunden. Diese stehen gelassenen Streifen bieten vielen Tieren Lebensraum nach der Mahd, auf den sie ausweichen können. Bezogen auf einzelne Artengruppen konnten rund 100-mal so viele Wildbienen und rund 20-mal so viele Schmetterlinge wie auf den gemähten Flächen beobachtet werden.
- In 50 Kleingewässern auf Betrieben in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg konnten jährlich bis zu neun Amphibienarten nachgewiesen werden – von 21 Amphibienarten, die es überhaupt in Deutschland gibt. Mindestens eine der vier seltenen und gefährdeten Arten (Laubfrosch, Rotbauchunke, Knoblauchkröte, Kammmolch) kam im Mittel von fünf Untersuchungsjahren an 67 Prozent der Gewässer vor.
- Auf Wiesen und Weiden von 12 nordostdeutschen Betrieben wurden bis heute rund 400 Pflanzenarten nachgewiesen. Davon sind für Brandenburg 24 Arten in der Roten Liste der gefährdeten Arten geführt, in Mecklenburg-Vorpommern sind es 31 Arten.
- Das Braunkehlchen steht stellvertretend für viele Feldvögel der offenen Agrarlandschaft, deren Bestände seit Jahrzehnten massiv zurückgehen. Durch Schutzmaßnahmen während der Brutzeit gelang es, den Bruterfolg auf neun untersuchten Projektbetrieben fast zu verdoppeln.