Die Ankündigung war groß: Die Bundesregierung wollte ein Klimaschutz-Sofortprogramm „mit allen notwendigen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen“ bereits in der ersten Jahreshälfte 2022 präsentieren. Klimaschutz sollte dabei zu einer umfassenden „Querschnittsaufgabe“ gemacht werden, so der Koalitionsvertrag. Das langerwartete Klimaschutzsofortprogramm kommt nun erstmal nicht. Stattdessen müssen das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen sowie das Verkehrsministerium bis morgen nun laut Bundes-Klimaschutzgesetz individuelle Sofortprogramme vorlegen, weil sowohl der Gebäude- als auch der Verkehrssektor die Klimaschutzziele im vergangenen Jahr nicht einhalten konnten.
Juliette de Grandpré, Senior Policy Advisor beim WWF Deutschland, kommentiert: „Um das Ziel der Klimaneutralität 2045 zu erreichen und die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten, braucht es endlich ambitionierte Maßnahme in allen Sektoren. Daher fordern wir besonders die Minster:innen Wissing und Geywitz auf, Maßnahmen vorzulegen, die die Emissionen in ihren Ressorts umgehend wieder auf den richtigen Pfad bringen. Gerade mit Blick auf den Ukrainekrieg müssen diese Maßnahmen zudem die Abhängigkeiten von russischem Gas und Öl reduzieren, da die Auswirkungen des Krieges sich gerade in den beiden Sektoren durch steigende Kosten besonders für Verbraucher:innen bemerkbar machen. Insbesondere im Verkehrssektor ist es in den vergangenen Jahren nicht gelungen, die Treibhausgase nennenswert zu reduzieren. Mit Minister Wissing droht, dass diese Misserfolgsgeschichte dramatisch weitergeführt wird. Die FDP muss ihre Blockadehaltung in der Bundesregierung gegen ambitionierten Klimaschutz endlich aufgeben und ambitionierte Maßnahmen vorlegen und umsetzen.“
Der WWF Deutschland liefert Vorschläge für wirksame Maßnahmen im Verkehrssektor:
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Die Blockade des Verkehrsministers bei der Einführung eines Tempolimits sollte aufgegeben werden. Ein solches ist kostengünstig umzusetzen und trägt nicht nur zur Erfüllung der Emissionsreduktionsziele des Verkehrssektors bei, sondern hat durch die Senkung des Spritverbrauchs positive Wirkung auf die Unabhängigkeit von Energieimporten.
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Fast die Hälfte aller klimaschädlichen Subventionen ist auf den Verkehrsbereich zurückzuführen. Diese gehören schleunigst abgebaut. Diese Subventionen konterkarieren jegliche Klimaschutzbemühungen des Sektors und sollten daher für klimafreundliche Investitionen umgenutzt werden. Im Zuge eines umfangreichen Ausbaus der ÖPNV-Angebote könnte etwa in den Verkehrsverbünden ein 365-Euro-Jahresticket geschaffen werden. Dies wäre zugleich eine klimafreundliche Entlastung für viele Bürger:innen in Deutschland.
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Staatliche “Tankrabatte” gehören abgeschafft. Sie wirken kaum als Entlastung, halten an der fossilen Abhängigkeit fest und kurbeln den Verbrauch an, anstatt die “Freiheitsenergien” für eine echte Verkehrswende auszubauen.
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In der aktuellen Situation sollte ein Moratorium für den Ausbau von Fernstraßen und Flughäfen eingeführt werden. Alle verfügbaren Ressourcen sollten auf den Ausbau der Schienen-, Rad- und Fußwegeinfrastruktur gelegt werden.
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Die Verbesserung der steuerlichen Anreize sollte sich auf batterieelektrische Fahrzeuge beziehen und durch einen Malus für klimaschädliche Fahrzeuge flankiert werden. Dieser könnte zur Gegenfinanzierung von Investitionsmaßnahmen in nachhaltige Mobilität genutzt werden.