Die im Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe zusammengeschlossenen Umweltverbände BUND, NABU und WWF fordern den Hamburger Senat auf, die Pläne zur Schlickverklappung am Rande des Nationalparks Wattenmeer auf Eis zu legen und ihr Sedimentmanagement an der Elbe grundsätzlich neu aufzustellen. Die Hamburg Port Authority (HPA) hatte heute bekannt gegeben, dass sie ihre eigene Prüfung der Umweltauswirkungen abgeschlossen hat und nach einer kurzfristig anberaumten Beteiligung der
Umweltbehörde (BUKEA), der Nachbarbundesländer und der Umweltverbände mit der Verbringung der Sedimente beginnen will. Dies wird bereits ab Mitte März erwartet.
„Das politische Urteil gegen das Wattenmeer scheint bereits gesprochen. Die Beteiligung kann nur noch eine Farce sein, denn eine rechtlich saubere Prüfung der Einwendungen mit einwandfreier Abwägung der Umweltbelange ist in dieser engen Vertaktung nicht möglich. Dort wo Seehunde und Schweinswale sowie Dutzende Fisch- und Vogelarten leben und zum Teil sehr seltene Tiere und Pflanzen zu Hause sind, will Hamburg seinen Baggerabfall ins Meer kippen“, so die Umweltverbände.
Aus Sicht der Verbände sind die Pläne für den Nationalpark eine Katastrophe. Zehntausende naturbegeisterte Menschen kommen jedes Jahr in das Paradies auf Neuwerk und die benachbarte Vogelinsel Scharhörn ist Ziel von Ornithologen und Wissenschaftlern. Grund dafür sind die
außergewöhnliche Landschaft, die Ruhe und nicht zuletzt die Lage der Inseln in der Kernzone des Nationalparks Wattenmeer. Das Gebiet ist als UNESCO-Weltnaturerbe sowie als europäisches Vogelschutzgebiet und als Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH) ausgewiesen – das heißt, als Gebiet, das dem besonderen Schutz von Tieren-, Pflanzen und Lebensräumen dienen soll.
BUND, NABU und WWF kritisieren, dass Hamburg für seine Hafenwirtschaft nach der Schädigung des Ökosystems der Tideelbe durch die Elbvertiefung nun auch die Gefährdung des Weltnaturerbes Wattenmeer billigend in Kauf nimmt. Gleichzeitig kündigen sie an, die Unterlagen der HPA so schnell wie möglich fachlich und rechtlich zu prüfen und, sofern aussichtsreich, dagegen vor Gericht vorzugehen.
Die Umweltverbände fordern auch die Nachbarbundesländer Niedersachsen und Schleswig-Holstein auf, sich in aller Deutlichkeit gegen die Hamburger Pläne zu positionieren. Der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies hatte bereits am 20. Januar einem geharnischten Brief an Bürgermeister Tschentscher auf die schwerwiegenden ökologischen Folgen einer Verbringung bei Scharhörn sowie auf den schlechten politischen Stil der Hansestädter hingewiesen und „die bisher vertrauensvolle Zusammenarbeit des Bundes und der betroffenen Länder“ in Frage gestellt. Diese klare Haltung dürfe nicht von den Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) und Daniel Günther (CDU) im Wahlkampf beider Länder aufgegeben werden. „Es wäre beschämend, wenn das Spitzenpersonal der drei Bundesländer dem Naturfrevel im Nationalpark Wattenmeer zustimmt, während sie als Wahlkämpfer den Menschen erzählen, sie würden alles zur Rettung von Klima und Artenvielfalt unternehmen. So gewinnt man kein Vertrauen von Menschen in Zeiten großer Herausforderungen – und auch keine Wählerstimmen“, prophezeien BUND, NABU und WWF.