Die Waldvernichtung im Amazonas bleibt weiter auf Rekordniveau: Innerhalb eines Jahres wurden 10.476 Quadratkilometer Wald zerstört – eine Fläche so groß wie die Insel Hawaii. Davor warnt die Naturschutzorganisation WWF Deutschland angesichts des „Tag des Amazonas“ am 5. September.
Der WWF hat dafür aktuelle Daten des vom Forschungszentrum „Imazon“ entwickelten Entwaldungswarnsystems für den Zeitraum zwischen August 2020 bis Juli 2021 ausgewertet. „Die neusten Entwaldungszahlen spiegeln die katastrophale Verwüstung im Amazonasgebiet wider“, so Dr. Dirk Embert, Südamerikaexperte beim WWF Deutschland. „Damit schreitet die Vernichtung des größten tropischen Regenwalds der Erde so schnell voran wie seit zehn Jahren nicht mehr.“ Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (2019 bis 2020) wurde 57 Prozent mehr Waldfläche zerstört.
Vor allem die zahlreichen, allgegenwärtigen und oftmals absichtlich gelegten Brandrodungen sind laut WWF ein Problem. Rund 20 Prozent des ursprünglichen Amazonas-Regenwaldes sind bereits zerstört. Wissenschaftler:innen rechnen damit, dass bei einem Anteil von 25 Prozent vernichteten Waldes ein Kipppunkt erreicht wird und sich das ganze Gebiet in eine Steppe verwandelt. Mit Auswirkungen auf den gesamten Planeten in ungeahntem Ausmaß. „Verlieren wir den Amazonas, verlieren wir einen der größten Kohlenstoffspeicher dieses Planeten und dann kann man das Zwei-Grad-Ziel vergessen, von 1,5 Grad gar nicht zu reden“, warnt Embert. Deshalb sei Waldschutz auch Klimaschutz und damit ein Bollwerk gegen Wetterextremen.
Als ersten Schritt müsse daher die nächste Bundesregierung sich bei der EU-Kommission für ein starkes EU-Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten einzusetzen. Es müsse zukünftig verhindert werden, dass weiter für den Konsum in Europa intakte Natur wie Wälder, Savannen und Feuchtgebiete auf der ganzen Welt in Ackerflächen umgewandelt werden. Als ein Beispiel von vielen nennt der WWF die Sojaproduktion: Soja aus Lateinamerika wird als günstiges Futtermittel vor allem in der konventionellen Tierhaltung und Fleischproduktion verwendet.
Traditionell begeht Brasilien den „Tag des Amazonas" am 5. September. Er erinnert an die Gründung der gleichnamigen Provinz durch Dom Pedro II. im Jahr 1850. Trotzdem scheint, so der Vorwurf des WWF, der aktuellen brasilianischen Regierung das Schicksal des Amazonas relativ wenig am Herzen zu liegen. „Die illegalen Brandrodungen gehen seit Jahren weitgehend ungebremst weiter. Die Umweltbehörden wurden entmachtet, Polizeikontrollen in den Gebieten gibt es kaum und wenn, ziehen festgestellte Verstöße gegen geltende Schutzgesetze keine echten Konsequenzen nach sich“, kritisiert Embert. Die internationale Staatengemeinschaft müsse mehr Druck auf die Regierung in Brasilia aufbauen, um einen vollkommenen Kollaps des Amazonas zu verhindern. „Wenn der Regenwald in Brasilien zu Steppe wird, dann haben wir einen Art globalen Day after Tomorrow. Die Folgen für den gesamten Planeten wären unabsehbar“, warnt Embert in Anspielung auf den Katastrophenfilm von Roland Emmerich.