Fast 300 Wissenschaftler:innen aus sechs Kontinenten fordern die Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) öffentlich auf, schädliche Fischereisubventionen zu beenden und die Gesundheit der Ozeane zu schützen. Der WWF begrüßt und unterstützt den Aufruf uneingeschränkt.
In einem in der renommierten Zeitschrift „Science“ veröffentlichten Brief fordern die Wissenschaftler:innen, deren Fachgebiete von Ökonomie über Biologie bis Gesundheits- und Ernährungswissenschaft reichen, die WTO-Mitglieder auf, nach über 20-jährigen Verhandlungen noch in diesem Jahr endlich ein Abkommen zu verabschieden, das schädliche Fischereisubventionen abschafft und so dazu beiträgt „der Überfischung, dem Verlust von Artenvielfalt sowie den CO2-Emissionen Einhalt zu gebieten, die Ernährungssicherheit zu gewährleisten und Existenzgrundlagen zu schützen. Weltweit stellen Regierungen jedes Jahr geschätzte 22 Mrd. US-Dollar für schädliche Subventionen bereit, die größten Budgets kommen u.a. aus China, Japan und der EU. Die entscheidende WTO-Ministerkonferenz findet von 30. November bis 3 Dezember in Genf statt.
In dem Schreiben werden die WTO-Mitglieder u. a. aufgefordert, alle Formen der Subventionierung zu verbieten, die den Kauf von Schiffstreibstoff verbilligen und die Fischerei auf hoher See oder in den Gewässern anderer Nationen vorantreiben. „Diese Arten von Subventionen befeuern die Überfischungskrise, weil sie Überkapazitäten in der Fangflotte schaffen. Sie senken die Betriebskosten, so dass auch unrentable Fischerei fortgesetzt wird. Sogar illegale Fischerei profitiert oft von den Finanzspritzen. Der Preis dafür sind geplünderte Meere und bedrohte Existenzgrundlagen. Der Weckruf aus der Wissenschaft zeigt, wie dringend die WTO jetzt endlich handeln muss “, verdeutlicht Anna Holl, Fischereiexpertin des WWF Deutschland. Ein Drittel der kommerziell bewirtschaften Fischbestände weltweit ist derzeit überfischt, weitere 60 Prozent werden bis an ihre biologischen Grenzen befischt. Ein Ab- und Umbau der schädlichen Subventionen würde dagegen die Erholung der Bestände begünstigen: bis 2050 könnte die globale Biomasse von Fisch um 12,5 Prozent anwachsen. Damit würde auch die Resilienz des Meeres gestärkt, sowohl im Hinblick auf den fortschreitenden Artenverlust und seine wichtige Rolle als CO2-Senke beim Kampf gegen die Folgen des Klimawandels. Von erholten Fischbeständen würde auch die Küstenfischerei, v.a. im globalen Süden profitieren. Die derzeitige Subventionspraxis benachteiligt Kleinfischer in Entwicklungsländern auf unfaire Weise und erschwert es ihnen, gegenüber den großen, industriellen Fischereiflotten der Industrie- und Schwellenländer zu bestehen. Der WWF sieht auch die künftige Bundesregierung als Mitglied der EU in der Verantwortung, sich auf europäischer sowie globaler Ebene für den Ab- und Umbau schädlicher Subventionen vehementer einzusetzen. Die EU ist weltweit der drittgrößte Subventionsgeber und unterstützt eine Fischereiflotte, die alle Weltmeeren befischt. „Hier ist ein Kurswechsel nötig. Es ist äußerst besorgniserregend, dass sich die EU eher für Ausnahmeregelungen statt für eine wirksame und gerechte Problemlösung einsetzt. Nach 20 Jahren Verhandlungen müssen die WTO-Mitgliedsländer endlich den politischen Willen für einen erfolgreichen Abschluss aufbringen. Ein Scheitern der Verhandlungen hätte katastrophale Folgen für die Weltmeere und Millionen von Menschen. Mit der Natur lässt sich nicht über mehr Zeit verhandeln”, so Anna Holl.