Berlin, 29.10.2021: Für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens kommt es besonders auf die Zugkraft Deutschlands und der EU an. Darauf weist der WWF kurz vor Beginn der Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow hin. „Deutschland und die EU haben eine enorme historische Verantwortung, die Klimakrise einzudämmen. Und sie haben gleichzeitig die wirtschaftliche und politische Macht, umfassenden Klimaschutz zum Standard zu machen“, sagt Viviane Raddatz, Leiterin Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland.
Bislang sind die Länder weit davon entfernt, das Ziel von Paris, die Erderhitzung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen, zu erfüllen. Die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre ist auf einem Höchststand, die Emissionen steigen weiter an und die Klimabeiträge der Länder reichen nicht aus, um dem entgegenzutreten – wie neueste Veröffentlichungen der Vereinten Nationen und der Weltwetterorganisation diese Woche gezeigt haben.
„Sechs Jahre nach Paris ist der Wendepunkt in der Klimakrise immer noch nicht erreicht. Die COP26 wird zum Lackmustest: Ernst gemeinte, ambitionierte Zusagen müssen auf den Tisch, Maßnahmen unmittelbar umgesetzt werden“, so Raddatz. Dazu gehört, dass alle Länder ihre Klimabeiträge (NDCs) in Einklang mit den Pariser Klimazielen bringen, auch der Beitrag der EU ist noch nicht angemessen und fair.
Damit das Pariser Klimaabkommen mit seinem Herzstück der NDCs volle Wirkung entfalten kann, erwartet der WWF von der COP26 auch eine Entscheidung hinsichtlich der Zeitfenster, für die die Klimabeiträge gelten sollen (sog. Common Time Frames). Um schnelles Handeln anzuregen und etwa auf technische Neuerung reagieren zu können, sollten NDCs für fünf Jahre gelten, nicht für zehn. Wichtig ist außerdem, dass einheitlich und transparent über die Fortschritte und Emissionsminderungen, aber auch die Klimafinanzierung der Staaten berichtet wird. Projekte zur Emissionsreduktion eines Landes in einem anderen Land dürfen nicht zu Doppelanrechnungen führen, hier braucht es eine Klärung in Artikel 6 des Abkommens.
„Ohne umfassende Klimafinanzierung werden die Verhandlungen in Glasgow zäh bis unmöglich. Es braucht ausreichend Mittel der Industrieländer, die die Klimakrise verursacht haben, damit auch Länder des globalen Südens ihre Wirtschaft klimafreundlich umbauen, sich an die Folgen der Klimakrise anpassen und Schäden und Verluste ausgleichen können“, so Raddatz. Deutschland sollte seine Finanzierung auf mind. acht Milliarden Euro pro Jahr aufstocken.
Von einer möglichen Ampel-Koalition können wichtige Signale für die COP ausgehen: „Wenn die Parteien sich auf einen ambitionierten Aufbruch beim Klimaschutz und einen beschleunigten Kohleausstieg bis 2030 einigen, könnte das eine Vorbildfunktion für andere Länder haben. Deutschland hat es in der Hand, der Welt zu zeigen, dass ein Industrieland seinen Wohlstand auch in Zukunft sichern kann, indem es sich von klimaschädlichen fossilen und nuklearen Energiequellen trennt und sich erneuerbar aufstellt. Und damit Menschen und Natur vor den Auswirkungen der Klimakrise schützt”, sagt Raddatz.