Lärmbelastung in der Arktis durch Schiffsverkehr hat sich in nur sechs Jahren verdoppelt

Die Lärmbelastung in Teilen des Arktischen Ozeans durch den zunehmenden Schiffsverkehr hat sich in nur sechs Jahren verdoppelt. Dies zeigt ein aktueller Bericht des Arktischen Rates, in dem Wissenschaftler:innen erstmals den Schiffsverkehr in der Region kartiert haben. Die Ergebnisse sind laut WWF erschreckend, denn in anderen Meeresgebieten hat es 30-40 Jahre gedauert, bevor der Lärmpegel in vergleichbarer Größenordnung angestiegen ist. Zwischen 2013 und 2019 hat sich laut der Studie arktischer Schiffslärm in mehreren Regionen verdoppelt, in einigen Gebieten wie der Barentssee und der Baffin Bay haben sich die Lärmpegel sogar verzehnfacht. Viele Regionen mit hohem Schiffslärm überschneiden sich mit Verbreitungsgebieten von arktischen Meeressäugern, darunter Narwale, Grönlandwale und Belugawale, Robben und Walrosse. Von diesen Tierarten sind wiederum auch viele indigene Völker an der Küste abhängig.

"Meeressäuger sind auf ihre Laute angewiesen, um Nahrung und Partner zu finden, um zu navigieren, Raubtieren auszuweichen und sich um ihre Jungen zu kümmern. Eines der letzten natürlichen 'Schallschutzgebiete' für Meeresbewohner auf dem Planeten wird von menschgemachtem Unterwasserlärm geradezu überschwemmt. Der dramatisch wachsende Schiffslärm im arktischen Ozean muss kontrolliert werden“, fordert Tim Packeiser, Meeresökologe beim WWF Deutschland. Die arktischen Staaten und die Flaggenstaaten der passierenden Schiffe müssen den Unterwasserlärm sofort reduzieren, indem sie bei der Internationalen See-Schifffahrtsorganisation (IMO), der globalen Regulierungsbehörde für die Schifffahrt, auf leise Schiffsdesigns, langsamere Schiffsgeschwindigkeiten und Änderungen der Schifffahrtsrouten drängen. Reedereien können dem Problem direkt entgegenwirken, indem sie Schiffsgeschwindigkeiten verringern und ihre Routen abseits wichtiger Lebensräume, Gebieten mit indigener Nutzung und Schutzgebieten führen.

Der Arktische Ozean ist ein Sonderfall für Unterwasserlärm: Aufgrund der kalten Temperaturen und anderer ozeanographischer Bedingungen legt der Schall große Entfernungen zurück und bei geringer Wassertiefe können die Tiere kaum ausweichen. „Das bedeutet, dass sich der Schiffslärm in den Schwimm- und Tauchbereichen von Robben, Walrossen und Walen konzentriert. Selbst wenig Schiffsverkehr kann einen deutlich größeren Einfluss auf die akustische Umgebung der Wildtiere haben als es in anderen Meeresgebieten der Fall wäre“, warnt Tim Packeiser. Es sei davon auszugehen, dass die Lärmbelastung in der Arktis bereits einen schädlichen Effekt auf lärmempfindliche Arten und marine Ökosysteme habe. Über Jahrtausende haben nur die Klicklaute und Gesänge der Meeressäuger sowie das knackende Meereis die Geräuschkulisse des Nordpolarmeers geformt.

Die Arktis erwärmt sich mehr als doppelt so schnell wie der Rest des Planeten. Mit dem Schmelzen des Meereises hat der Schiffsverkehr zugenommen. Die Anzahl der Schiffe in arktischen Gewässern stieg zwischen 2013 und 2019 um 25 Prozent, und die zurückgelegte Entfernung nahm um 75 Prozent zu. Auch für lärmverursachende Gas- und Ölexplorationen und militärische Aktivitäten ist der arktische Ozean mit Verlust des Meereises zugänglicher geworden.

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Britta König

Pressesprecherin, Hamburg