Wirtschaft unterstützt erstmals Forderung nach Moratorium für Tiefseebergbau

Mit dem zunehmenden Bedarf an Rohstoffen und Edelmetallen rücken seit einiger Zeit auch mineralische Ressourcen aus der Tiefsee immer mehr in den Fokus der Wirtschaft. Ein Abbau dieser Ressourcen ist bislang noch nicht erlaubt, hätte aber voraussichtlich zerstörerische Auswirkungen auf die Meere. Weltweit fordern deshalb Umweltschutzorganisationen ein Moratorium für den Tiefseebergbau.

Erstmals trat jetzt auch ein Zusammenschluss globaler Unternehmen mit dieser Forderung an die Öffentlichkeit. Ausgehend von der BMW Group unterstützen auch Samsung SDI, Google und Volvo Group diese Initiative. Der WWF begrüßt diesen Schritt und ruft weitere Unternehmen auf, sich der Initiative anzuschließen.

„Tiefseebergbau ist eine vermeidbare Umweltkatastrophe und wir brauchen eine breite und laute Gegenbewegung, um sie zu verhindern. Dafür ist vor allem die Wirtschaft selbst gefragt, um ihren politischen Einfluss geltend zu machen“, sagt Dr. Martin Bethke, Geschäftsführer Märkte & Unternehmen beim WWF Deutschland. Die Tiefsee beherbergt eine Vielzahl hochsensibler Lebensräume und eine unermessliche Artenvielfalt, bleibt dabei aber bis heute noch weitestgehend unerforscht.

Der großflächige Abbau von mineralischen Rohstoffen wie Kobalt, Lithium oder Nickel in Tausenden Metern Wassertiefe hätte nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen eine Reihe von schädlichen Auswirkungen auf die Ökosysteme und die Artenvielfalt der Tiefsee. Umfangreiche Eingriffe am Meeresgrund könnten auch die globale Fischerei beeinträchtigen und die Kohlenstoff- und Nährstoffkreisläufe im Meer gefährden. Noch ist die Gewinnung von Rohstoffen in der Tiefsee nicht erlaubt, doch der Druck von einigen Staaten sowie Akteuren aus der Industrie wird immer größer, mit dem unverantwortlichen Vorstoß ins Ungewisse zu beginnen. Die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA) hat bereits eine Reihe von Lizenzen zur Erkundung der Rohstoffe an einzelne Länder und beteiligte Unternehmen vergeben.

Der Ruf nach einem weltweiten Moratorium für Tiefseebergbau wird deshalb zunehmend lauter und bisher unter anderem von Wissenschaftler:innen, der Zivilgesellschaft, dem Europäischen Parlament und den pazifischen Inselstaaten Fidschi, Vanuatu und Papua-Neuguinea sowie der Fischereiindustrie und nun auch ersten Wirtschaftsunternehmen mitgetragen.

Mit ihrem öffentlichen Statement stimmen die genannten Unternehmen in den Ruf nach einem Moratorium ein, solange bis die Folgen des Tiefseebergbaus wissenschaftlich umfassend untersucht sind und ein ausreichender Schutz für die Tiefsee gewährleistet werden kann.“ Außerdem verpflichten sie sich, bis dahin keine mineralischen Rohstoffe aus der Tiefsee zu fördern, auf diese Ressourcen aus der Tiefsee in ihren Lieferketten zu verzichten und Tiefseebergbauaktivitäten nicht zu finanzieren.

„Der WWF begrüßt diesen wichtigen Schritt. Er ist eine klare Warnung an diejenigen, die sich von dem falschen Versprechen beeinflussen lassen, Tiefseebergbau sei notwendig und ein „grünes“ und attraktives Investitionsangebot. Das ist es nicht“, betont Martin Bethke. Der WWF fordert Unternehmen und Investoren auf, ihre Aufmerksamkeit stattdessen auf intelligente, ressourceneffiziente und kreislaufwirtschaftliche Lösungen zu richten, die den Fußabdruck auf die Umwelt reduzieren. Dafür muss auch die Rohstoffgewinnung an Land dringend nachhaltiger gestaltet werden. „Wir sollten einen großen Bogen um die Idee machen, den fatalen Raubbau an der Natur in der Tiefsee fortführen zu können. Stattdessen ist es entscheidend, alternative Materialien zu finden und uns auf die drei zentralen Schlagworte für eine nachhaltige Wirtschaft zu besinnen: Reduzieren, Wiederverwenden, Recyceln“, betont Bethke.

Derzeit verhandeln die Staaten in der Internationalen Meeresbodenbehörde ein Regelwerk für den Abbau der mineralischen Ressourcen in der Tiefsee. Mitgliedsstaaten, zu denen auch Deutschland gehört, haben jetzt noch die Chance, sich dort für ein vorübergehendes Verbot einzusetzen.

Der WWF fordert ein weltweites Moratorium für den Tiefseebergbau, bis die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen umfassend verstanden sind und bis bewiesen ist, dass Tiefseebergbau in einer Weise betrieben werden kann, die den effektiven Schutz der Meeresumwelt gewährleistet und den Verlust der Artenvielfalt verhindert. Zudem sollten zuvor alle alternativen Möglichkeiten, den Rohstoffverbrauch durch Kreislaufwirtschaft zu minimieren, ausgeschöpft werden.

Mehr Informationen und die Möglichkeit für Unternehmen zur Unterstützung der Initiative gibt es unter https://www.noseabedmining.org/.

 

Kontakt

Freya Duncker

Pressesprecherin, Hamburg