Berlin, 30.06.2021: Gestern beendete die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) ihre Arbeit. Der gemeinsame Abschlussbericht soll am 6. Juli an Bundeskanzlerin Angela Merkel übergeben werden. Zur Arbeit der Kommission sagt WWF-Naturschutzvorstand Christoph Heinrich, der in der ZKL mitgewirkt hat:
„Die Arbeit der Zukunftskommission zeigt: Wir können trotz unterschiedlicher Standpunkte zueinander zu finden. Das hat es in dieser Form noch nicht gegeben und baut wichtige Brücken. Denn wir stehen am Anfang eines Prozesses, der von allen Interessengruppen weiter Offenheit und den Willen zur konstruktiven Zusammenarbeit erfordert, um die enormen Herausforderungen zur Transformation der Landwirtschaft zu bewältigen. Es kommt aber auch auf die kommende Bundesregierung an. Sie muss handeln und nach der Bundestagswahl die richtigen Rahmenbedingungen für den Wandel schaffen.
Der Abschlussbericht der ZKL verdeutlicht: Eine ökonomisch, ökologisch und sozial tragfähige Landwirtschaft in Deutschland ist möglich und unabdingbar. Sie nützt uns allen und muss von uns allen gesellschaftlich mitgetragen und mitfinanziert werden – sowohl durch entsprechende Preise für Lebensmittel als auch durch eine am Gemeinwohl ausgerichtete staatliche Förderung, Pauschale Direktzahlungen pro Hektar sind somit ein Auslaufmodell. Wenn wir mit unserem Geld die Landwirtinnen und Landwirte befähigen, ihren Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz zu leisten, dann ist das eine gute Investition. Diese Kosten sind mittel- und langfristig betrachtet minimal im Vergleich zu den volkswirtschaftlichen Schäden der Erderhitzung, des Rückgangs der Artenvielfalt oder der Belastungen von Böden und Gewässern.
Wir legen keine agrarpolitische Zauberformel vor, die auf einen Bierdeckel passt. Aber wir haben in der ZKL einstimmig eine umfassende Vorstellung entwickelt, wie sich der Agrar- und Lebensmittelsektor in Deutschland zukünftig entwickeln muss. Die Kommission hat damit in zehn Monaten und weit mehr als hundert Arbeitsgruppensitzungen erreicht, was in vielen Jahren der agrarpolitischen Verhärtung unmöglich schien.
Leider wurde die ZKL zu spät eingesetzt, um noch Einfluss auf die europäischen und nationalen Verhandlungen über die EU-Agrarpolitik nehmen zu können. So wurden realpolitische Fakten bis ins Jahr 2027 noch ohne Inspiration durch die ZKL gesetzt. Diese fehlende Beteiligung der Kommission war und bleibt kritisch. Die Ergebnisse der ZKL beziehen ihre Relevanz jedoch ohnehin stärker aus der Formulierung von Zielbildern und Wegen, die über den Tellerrand der aktuellen Politik hinausweisen.
Die Arbeit der Zukunftskommission zeigt, dass es möglich ist, trotz unterschiedlicher Standpunkte zueinander zu finden. Für die agrarpolitische Debatte in und mit der Gesellschaft kann sie einen Durchbruch bringen. Zuversichtlich macht der Blick auf die konstruktive und in die Zukunft gerichtete Arbeit der Vertreterinnen der Jugendverbände in der Kommission. Wir brauchen alle weiter den Mut, den Perspektivwechsel zu wagen, und bisherige Positionen kritisch zu reflektieren, um sachlich Lösungen zu entwickeln - für eine deutsche Landwirtschaft, die ein gutes Auskommen sichert, gesunde, fair erzeugte Lebensmittel bereitstellt und Wasser, Böden und Klima sowie Artenvielfalt besser schützt. Die Arbeit der Zukunftskommission Landwirtschaft kann Bewegung bringen in die festgefahrene deutsche Agrarpolitik - wenn wir den begonnen Austausch konstruktiv fortsetzen und die künftige Bundesregierung mitzieht.“