Die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner hat den Öko-Hof Gut Temmen bei Templin besucht, um sich über das Projekt „Landwirtschaft für Artenvielfalt“ zu informieren. „Landwirtschaft für Artenvielfalt“ (LfA) ist die bundesweit größte Initiative für Biodiversität in der Agrarlandschaft und will einen Lösungsweg aufzeigen, der Agrarwirtschaft mit Artenvielfalt verbindet: Bio-Landwirt:innen können ihre Flächen so bewirtschaften, dass sie Lebens- und Rückzugsraum für heimische wildlebende Tier- und Pflanzenarten bieten. Gut Temmen als Teilnehmerbetrieb setzt biodiversitätsfördernde Maßnahmen um, die speziell auf den Hof und seine Bedingungen angepasst sind. Der EDEKA-Verbund vermarktet die Agrarprodukte als exklusiver Handelspartner und garantiert die Abnahme zu Erzeugerpreisen, die den Mehraufwand der landwirtschaftlichen Betriebe honorieren. Somit profitieren alle beteiligten Landwirt:innen auch wirtschaftlich von der Investition in den Umweltschutz.
Die intensive landwirtschaftliche Bewirtschaftung hat in vielen landwirtschaftlichen geprägten Räumen zu einem Rückgang der Artenvielfalt geführt. Das Projekt LfA steuert gegen und hat zum Ziel, dass Landwirt:innen ihre Flächen so bewirtschaften, dass sie Lebens- und Rückzugsraum für wildlebende Tier- und Pflanzenarten bieten. Dazu lassen sie beispielsweise Streifen von Kleegrasfeldern ungemäht, nutzen vielfältige Fruchtfolgen und schaffen mit Nisthilfen Lebensraum für Kleinvögel, Wildbienen und andere Insekten. Initiiert vom ökologischen Anbauverband Biopark sind der WWF Deutschland, EDEKA, das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) und weitere Bioverbände Träger des Projekts.
Die Bundesministerin für Landwirtschaft und Ernährung, Julia Klöckner sagte: „Die Landwirtschaft braucht einen intakten Insektenbestand, und Insekten brauchen eine intakte Landwirtschaft. Mit dem Modellprojekt hier in Temmen zeigen der WWF und die Projektpartner, wie wichtig und erfolgreich dabei kooperative Lösungen sind, die beides im Blick haben: Den Artenschutz, gleichzeitig aber auch die Sicherung von Ernten und Erträgen. Denn wir brauchen regionale Bauern für regionale Produkte. Viele von ihnen setzen sich zudem bereits seit Jahren aktiv für den Erhalt der biologischen Vielfalt ein. Das unterstützen wir mit Förderungen, aber auch unserer Ackerbaustrategie. Sie hat etwa zum Ziel hat, das Fruchtfolgen auf den Äckern vielfältiger werden.“
Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz vom WWF Deutschland entgegnete: „Wir begrüßen, dass Julia Klöckner sich direkt vor Ort zum wichtigen Thema Erhalt von Artenvielfalt in der Landwirtschaft informiert. Mit Gut Temmen haben wir ein konkretes Erfolgsbeispiel vor Augen, wie sich Artenschutz und Landwirtschaft vereinen lassen. Der Hof ist ein Vorreiter für den Artenschutz und beheimatet beispielsweise 16 gefährdete Arten von Ackerwildkräutern, die auf der Roten Liste stehen. Der WWF will den starken Rückgang von Artenvielfalt in der Agrarlandschaft stoppen und umkehren. Mit „Landwirtschaft für Artenvielfalt“ setzen wir dabei erfolgreich auf das Kooperationsmodell. Die ökologischen Anbauverbände und ihre Betriebe gehen hierbei einen wichtigen Naturschutzschritt weiter, indem sie beispielsweise mit Lesesteinhaufen oder ungemähten Flächen zusätzlichen Lebensraum für viele Tier- und Insektenarten schaffen. Und mit EDEKA haben wir einen starken Partner an unserer Seite, der die artenfreundlich erzeugten Produkte auch zu den Verbrauchern bringen kann“.
„Landwirtschaft für Artenvielfalt“ ist ein Musterbeispiel dafür, dass Ökologie und Wirtschaftlichkeit kein Gegensatz sind. Die Bio-Produkte, die in den EDEKA-Märkten in Norddeutschland vertrieben werden, kommen bei Kund:innen hervorragend an. Davon profitieren nicht nur die beteiligten landwirtschaftlichen Betriebe, sondern auch die Umwelt – denn die Artenvielfalt auf den Flächen steigt nachweislich an – und somit wird ein echter regionaler Mehrwert geschaffen.
Gut Temmen liegt im Landkreis Uckermark im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Der Betrieb bewirtschaftet eine Fläche von fast 3500 ha mit einem Großteil Ackerland und dem Rest Grünland. Es werden ungefähr 1500 Rinder und 300 Schweine für die Fleischproduktion gehalten. Auf den Betriebsflächen leben viele Arten von Amphibien, Brutvögeln und Ackerwildkräutern, die im Rahmen von LfA durch gezielte Maßnahmen unterstützt werden. So bleiben für das Braunkehlchen im Grünland Teilflächen länger ungenutzt, um ihnen mehr Ruhezeit und eine erfolgreiche Brut zu ermöglichen. Im Luzerne-Kleegras-Anbau werden Streifen bei der Mahd stehengelassen - das schafft Blütenangebot für Bienen und Tagfalter und gefällt auch Feldhasen, Braunkehlchen und Feldlerchen. Im Ackerbau profitieren Wildkräuter wie Kornblume und Sand-Mohn davon, dass auf den meisten Flächen keine ´Unkrautregulierung‘ stattfindet. Bisher wurden 16 gefährdete Ackerwildkrautarten der Roten Liste auf den Betriebsflächen gefunden, darunter der in Brandenburg vom Aussterben bedrohte Acker-Hahnenfuß. Die großräumige Weidelandschaft bietet im Sommer Lebensraum für Amphibien und wird von Schreiadler, Rotmilan und Neuntöter zur Jagd genutzt. Kleingewässer mit unbeackerten Gewässerrandstreifen bieten Rotbauchunke, Kammmolch, Moorfrosch, Knoblauchkröte und Laubfrosch ein Zuhause. Lesesteinhaufen und Steinwälle werden von Reptilien bewohnt. Einige der Maßnahmen werden durch Vertragsnaturschutz im Biosphärenreservat mit Agrarfördermitteln unterstützt.
„Landwirtschaft für Artenvielfalt“ wurde 2012 gestartet. 100 Bio-Betriebe nehmen mittlerweile erfolgreich am Projekt teil, über 50 weitere Öko-Höfe sind derzeit neu in der Beratung. Sie alle liegen in 11 der insgesamt 13 Flächenbundesländern, mit Betriebsgrößen von 50 bis 4000 ha. In den Betrieben spielt die Grünland- und Ackerbewirtschaftung eine zentrale Rolle. Der Schwerpunkt bei der Tierhaltung liegt auf der Mutterkuh- und Schweinehaltung. Um den Erfolg der zusätzlichen Naturschutzmaßnahmen zu überprüfen, führt das Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Zusammenarbeit mit spezialisierten Biologen auf ausgewählten Betrieben Bestandserfassungen bestimmter Arten durch.
Mehr Informationen über die Arbeit der teilnehmenden Höfe finden Verbraucher:innen unter: https://www.landwirtschaft-artenvielfalt.de/