WWF: Tiefseebergbau ist eine vermeidbare Umweltkatastrophe / Weltweites Moratorium gefordert

Der heute veröffentlichte WWF-Bericht "In Too Deep: What We Know, And Don't Know, About Deep Seabed Mining" skizziert die wichtigsten ökologischen und sozialen Risiken des Tiefseebergbaus, die mit der Zulassung dieser Industrie verbunden wären. Laut WWF hätte der kommerzielle Abbau von marinen mineralischen Rohstoffen wie Kobalt, Lithium und Nickel in Tausenden Metern Wassertiefe aller Voraussicht nach zerstörerische Auswirkungen auf die Ökosysteme und die Artenvielfalt der Tiefsee.

Auch die globale Fischerei, Lebensgrundlage von weltweit etwa 200 Millionen Menschen, insbesondere in Entwicklungsländern, könnte beeinträchtigt werden. Außerdem könnten großflächige Eingriffe am Meeresgrund die Kohlenstoff- und Nährstoffkreisläufe im Meer gefährden.

"Einige industrielle Akteure behaupten, dieser Rohstoffabbau in der Tiefsee sei notwendig, um die Nachfrage nach Mineralien zu befriedigen, die in Batterien für Elektroautos und in den elektronischen Geräten in unseren Taschen stecken. Aber hier sind die Prioritäten wohl falsch gesetzt", sagt Tim Packeiser, WWF-Experte für Tiefseebergbau. "Wir können unsere bereits belasteten Meere nicht noch weiter zerstören. Stattdessen sollten vorhandene Materialien besser recycelt werden. Statt einen Run auf die Tiefsee zu eröffnen, müssen wir in die Entwicklung rohstoffsparender Produktionsweisen und alternativer Produkte investieren und insgesamt unseren Verbrauch senken.“ Die Unterstützung des industriellen Tiefseebergbaus läuft der Idee einer Kreislaufwirtschaft und den Zielen der Agenda 2030 der Vereinten Nationen zuwider.

Auch die Behauptungen von Tiefseebergbau-Akteuren hinsichtlich der Möglichkeiten, Umweltschäden zu mindern, betrachtet der WWF skeptisch. „Angesichts der Langsamkeit der Tiefseeprozesse ist es unwahrscheinlich, dass sich zerstörte Lebensräume innerhalb menschlicher Zeiträume erholen. Vorsorge muss deshalb das leitende Prinzip für alles Handeln in der Tiefsee sein“, betont Tim Packeiser. Durch Bergbauaktivitäten am Meeresgrund aufgewirbelte Sedimente und der Wiedereintrag von Abraum ins Meer können riesige Trübungswolken bilden, die mit den Meeresströmungen weit über die eigentlichen Abbaugebiete hinausgetragen werden. Letztlich tragen die Allgemeinheit und der gesamte Planet die Risiken, während sich die wirtschaftlichen Vorteile des Tiefseebergbaus auf wenige Unternehmen beschränken werden. Dabei gilt der Meeresboden außerhalb nationalstaatlicher Grenzen laut Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen als „Gemeinsames Erbe der Menschheit“.

Der WWF fordert ein weltweites Moratorium für den Tiefseebergbau, bis die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen umfassend verstanden sind und bis bewiesen ist, dass Tiefseebergbau in einer Weise betrieben werden kann, die den effektiven Schutz der Meeresumwelt gewährleistet und den Verlust der Artenvielfalt verhindert. Zudem sollten zuvor alle alternativen Möglichkeiten, unseren Rohstoffverbrauch durch Kreislaufwirtschaft zu minimieren, ausgeschöpft werden. „Mit dem Wissensstand von heute ist Tiefseebergbau ein unverantwortliches Risiko. Bevor nicht bewiesen ist, dass großflächiger Rohstoffabbau ohne erhebliche Auswirkungen auf die hochsensiblen Lebensgemeinschaften der Tiefsee betrieben werden kann, darf gar nicht erst damit begonnen werden. Die Tiefsee selbst ist der Schatz“, so Tim Packeiser.

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Britta König

Pressesprecherin, Hamburg