Geringe Zahl von Schiffsanläufen zeigt Unverhältnismäßigkeit der Elbvertiefung / Umweltorganisationen kritisieren rechtlich fragwürdige Verbringstelle für Sedimente

Nur ein Bruchteil aller den Hamburger Hafen anlaufenden Seeschiffe ist tatsächlich auf die neu hergestellte Tiefe der Elbe angewiesen. Das geht aus einer Schriftlichen Kleinen Anfrage der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft hervor. Die im Bündnis Lebendige Tideelbe zusammengeschlossenen Umweltorganisationen BUND, NABU und WWF sehen sich in ihrer Kritik bestätigt und kündigen zudem eine rechtliche Überprüfung der Verbringung von Sedimenten bei Sankt Margarethen an.

Lediglich 1,8 Prozent aller Seeschiffe, die den Hamburger Hafen seit der Freigabe Anfang Mai angelaufen haben, waren auf die neue Tiefe tatsächlich angewiesen. Innerhalb der Kategorie der Containerschiffe ist der Anteil mit 3,9 Prozent ebenfalls verschwindend gering. Der tatsächliche Mehrwert der vermeintlich verbesserten Erreichbarkeit des Hamburger Hafens kann von Senat und Hafenbehörde nicht einmal exakt bestimmt werden. Dass dafür ein immenser ökologischer Schaden in Kauf genommen wurde, lässt sich mit Blick auf die jetzt vorliegenden Zahlen nicht mehr rechtfertigen.  

Überraschend ist zudem, dass in diesem Jahr bereits Sedimente in einer Größenordnung von jeweils über 400.000 Tonnen Trockensubstanz (tTS) zum Neuen Lüchtergrund und nach St. Margarethen umgelagert wurden. Dies geschah nicht nur in Unkenntnis der Öffentlichkeit, sondern nach Auffassung der Umweltorganisationen bisher auch ohne Genehmigung. Dazu kommt, dass trotz aller Bemühungen der Freien und Hansestadt Hamburg und der weiterhin zunehmenden Verbringung von Sedimenten an neuen Stellen schlichtweg immer noch zu viel Schlick im Hafen liegt.

Aus der Kleinen Anfrage geht ebenfalls hervor, dass die Sedimentmenge in diesem Jahr – verglichen mit den bereits hohen Mengen aus den Jahren 2018 bis 2020 – stark gestiegen ist (2018: 3,4 Mio. tTS, 2019: 4,5 Mio. tTS, 2020: 3,9 Mio. tTS (bereinigt um Ausbaumaterial der Fahrrinnenanpassung), 2021: 5,6 Mio. tTS). Dennoch bleiben im Hafen weiterhin erhebliche Mindertiefen, obwohl an allen bekannten und sogar bislang unbekannten Stellen umgelagert wird. Selbst unter Rückgriff auf alle möglichen Verbringoptionen bekommt die Stadt Hamburg die Sedimentmengen offensichtlich nicht in den Griff.

„Die Unverhältnismäßigkeit der neunten Elbvertiefung lässt sich nun nicht mehr leugnen. Gemessen an der Realität fällt das Luftschloss einer tieferen Elbe, immer größeren Schiffen und einem wachsenden Containerumschlag in sich zusammen. Der tiefgreifende Schaden für das Ökosystem Tideelbe aber bleibt und wird durch die Zunahme der erforderlichen Unterhaltungsbaggerungen verstärkt. Eine öffentlich transparente Analyse der Situation unter Berücksichtigung der vielfältigen ökonomischen und ökologischen Kosten der neuesten Elbvertiefung findet nach wie vor nicht statt. Durch den Ausbau der Elbe für die Schifffahrt ist das System so stark vom Menschen verändert worden, dass selbst die neu genehmigten Fahrrinnentiefen nicht dauerhaft hergestellt werden können. Wir brauchen einen Rettungsplan für die Elbe, der Ökologie und Ökonomie zusammenbringt“, so die Umweltorganisationen.

Kontakt

Britta König

Pressesprecherin, Hamburg