Bestand des Dorsches in der westlichen Ostsee kollabiert

Laut einer aktuellen Studie ist der Bestand des Dorsches in der westlichen Ostsee zusammengebrochen. Der Kipppunkt, nachdem sich der Bestand durch die schädlichen Auswirkungen langjähriger Überfischung und der Klimakrise nicht mehr erholen kann, sei überschritten. Der WWF warnte seit Jahren vor dem Kollaps. Er kritisiert, dass das Vorsorgeprinzip im aktuellen Fischereimanagement ignoriert wird und fordert die Politik auf, das sogenannte ökosystembasierte Fischereimanagement endlich anzuwenden.

„Der Zusammenbruch des Dorsch-Bestands in der westlichen Ostsee war absehbar. NGOs und die Wissenschaft haben ihn seit Jahren vorhergesehen, die Warnungen wurden jedoch als hysterisch abgetan und konsequent ignoriert. Jetzt ist es zu spät und amtlich: Die Politik hat über mehr als zwanzig Jahre dabei versagt, diesen einstigen Brotfisch der Ostseefischerei zu schützen und verantwortungsvoll zu managen“, äußert sich Stella Nemecky, Fischereiexpertin beim WWF Deutschland. Sie kritisiert die Kurzsichtigkeit der Politik. „Jährliches Quotengeschacher und die Befriedigung von kurzfristigen Fischereiinteressen auf Druck der Lobby und im Hinblick auf Legislaturperioden haben zum Niedergang des Dorsches geführt. Der Bestandskollaps zerstört die Stabilität des Ökosystems und die Existenz von Fischern und Fischerinnen.“

Dabei hätte der Zusammenbruch des Dorschbestandes durch ein langfristiges, ökosystembasiertes Fischereimanagement wohl verhindert werden können. Dieses betrachtet nicht nur, welche äußeren Einflüsse Druck auf den Bestand ausüben, sondern auch, wie sich diese auf die Reproduktion des Bestandes auswirken. Dazu gehören auch die Folgen der Klimakrise wie wärmeres Wasser und weniger Nahrung.

 „Die politische Annahme, dass sich Fischbestände in wenigen Jahren erholen können und entsprechend kurzfristig gemanagt werden können, ist falsch. Das Fischereimanagement muss fest im Vorsorgeprinzip verankert sein und Entwicklungen über Dekaden hinweg mitgedacht werden. Dieses sogenannte ökosystembasierte Fischereimanagement ist eigentlich in der Gemeinsamen EU-Fischereipolitik verankert, wird aber konsequent nicht angewandt. Ein fataler Fehler, wie sich am westlichen Dorsch nun zeigt. Abrupte Kipppunkte wie dieser werden aufgrund der Klimakrise häufiger. Das Fischereimanagement muss vor diesem Hintergrund bedeutend vorsichtiger werden“, fordert Stella Nemecky.

Das Versagen bei der Rettung des westlichen Dorsches sollte Deutschland und den EU-Fischereiminister:innen ein warnendes Beispiel sein, wenn sie zum Ende des Jahres die Fangmengen für 2022 festlegen. „Eine rigorose Umsetzung bestehender Gesetzgebung ist das absolute Minimum dessen, was die Politik jetzt leisten muss. Niemand kann mehr die Augen vor den komplexen Auswirkungen der Klimakrise verschließen, die ein „Weiter wie bisher“ unmöglich machen, wenn wir gesunde Ökosysteme und Biodiversität erhalten wollen.“

Kontakt

Freya Duncker

Pressesprecherin, Hamburg