Grundschleppnetzfischerei verzögert Erholung der Ostsee / WWF legt Neun-Punkte-Plan für besseren Schutz vor

Anlässlich der heute stattfindenden „Our Baltic Conference“ zum Zustand der Ostsee beschreibt ein neuer WWF-Bericht die dramatischen Auswirkungen der Grundschleppnetzfischerei auf das Binnenmeer. Diese Netze durchpflügen den Meeresboden, auch in ausgewiesenen Meeresschutzgebieten ist die Fangpraxis bislang noch erlaubt. Die Summe dieser Schädigungen verhindert, dass die Ostsee einen guten ökologischen Zustand erreichen kann. Der WWF fordert daher einen sofortigen Stopp der Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten und legt einen Neun-Punkte-Plan für einen besseren Schutz vor.

In allen europäischen Meeren soll bis zum Ende dieses Jahres ein „guter Umweltzustand“ erreicht werden. So lautet das Ziel der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie. „In der Ostsee wird dieses Ziel krachend verfehlt, beziehungsweise vollkommen missachtet. Überfischung, Überdüngung, wieder und wieder gestörte Bodenlebensräume und die Erderhitzung sorgen dafür, dass das ökologische System der Ostsee aus dem Gleichgewicht geraten ist“, so Stella Nemecky, Fischereiexpertin beim WWF Deutschland. „Die Dorsche werden zunehmend kleiner, wichtige Bestände von Dorsch und Hering stehen vor dem Kollaps. Sauerstofffreie Todeszonen breiten sich weiter aus, die Grundschleppnetzfischerei zerstört derweil wertvolle Kinderstuben für den Fischnachwuchs und heizt die Eutrophierung noch zusätzlich an. Der gute Umweltzustand der Ostsee ist unter diesen Umständen schlicht unmöglich zu erreichen.“

Durch die Verwendung von Grundschleppnetzen wird der Meeresboden aufgewühlt. Wichtige Strukturen, die Fische zum Verstecken oder zur erfolgreichen Fortpflanzung benötigen, werden zerstört und haben zunehmend schlechte Chancen auf Erholung. Nährstoffe aus der Landwirtschaft, die im Meeresboden gebunden würden und so weniger schädlich wären, werden immer wieder aufgewirbelt. Dies verstärkt den Effekt der Überdüngung. Selbst in Schutzgebieten darf mit Grundschleppnetzen gefischt werden, was ihrem eingeschriebenen Sinn vollkommen widerspricht.

„Wenn der politische Wille ist, dass sich die Ostsee erholen kann; wenn es erklärtes Ziel ist, die Küstenfischerei in der Ostsee zu unterstützen und zu erhalten, dann müssen wir die Ostsee-Fischerei endlich neu denken“, drängt Nemecky. "Und dann ist der Weg in die Zukunft klar: Die gerade beschlossenen Subventionen für die Fischerei in der Ostsee sollten dazu genutzt werden, die Flotte umzubauen. Statt kleine, selektive Stellnetzkutter still zu legen, sollte mit Hilfe dieses Geldes die Zahl der Grundschleppnetzkutter und so die schädliche Überkapazität reduziert werden. Weniger Grundschleppnetzfischerei und eine intelligentere Auswahl der Schleppnetzfanggebiete würden der Ostsee enorm bei der Erholung helfen. So könnten sich die Fischbestände besser regenerieren und die Küstenfischerei hätte ein besseres finanzielles Auskommen."

Darüber hinaus schlägt der WWF einen Neun-Punkte-Plan vor, um den Zustand der Ostsee zu verbessern. Er fordert von der EU und den Regierungen der Ostseeanrainerstaaten ein Verbot der Grundschleppnetzfischerei innerhalb der Grenzen aller nationalen Meeresschutzgebiete, sowie Einschränkungen in besonders wichtigen Lebensräumen und in Küstennähe. Darüber hinaus drängt er zur Verbesserung der Fischereikontrollen und des Monitorings sowie zur Abschaffung schädlicher Fischereisubventionen. Das Management der Fischerei muss transparent sein und die Bedarfe der Natur einkalkulieren – also ökosystembasiert sein. Es braucht Indikatoren für die Messung der Summe der Schädigungen des Meeresbodens, auch unabhängig von der Fischerei. Zusammenarbeit zwischen den Anrainerstaaten ist bei der Verabschiedung und Durchsetzung des Seerechts gefragt, ebenso Kooperation, um ein Netzwerk aus tatsächlich geschützten Meeresschutzgebieten zu schaffen und aus ihnen geeignete Referenzgebiete für wissenschaftliche Forschung zu machen.

 

Weitere Infos zum Thema gibt es hier: https://www.wwf.de/themen-projekte/projektregionen/ostsee/dorsch-in-der-ostsee

Die englischsprachige Zusammenfassung des Reports findet sich hier: https://wwwwwfbalticorg.cdn.triggerfish.cloud/uploads/2020/09/wwf-a-sea-under-pressure-2020-summary.pdf

Der vollständige englischsprachigen Report hier: https://www.wwfbaltic.org/news/a-sea-under-pressure-bottom-trawling-impacts-in-the-baltic/

Zur englischsprachigen interaktiven Website: https://storymaps.arcgis.com/stories/4c31d0d6646a47c4822dd448c4327ac8

Kontakt

Freya Duncker

Pressesprecherin, Hamburg