Die Umweltminister:innen der EU-Länder bestätigen Biodiversitätsstrategie und Klimagesetz

Der Europäische Umweltrat hat am heutigen Freitag zwei gewichtige Punkte auf der Tagesordnung gehabt, um Europa zukunftsfähiger zu machen: die EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 und das Europäische Klimagesetz. Auf dem Weg zum Erhalt der biologischen Vielfalt und zu einem klimaneutralen Europa sind beide Vorhaben wichtige Schritte. Deswegen begrüßt der WWF, dass der Umweltrat seine Unterstützung dafür ausgesprochen hat. Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland, sagt: „Sowohl die Biodiversitätsstrategie als auch das Klimagesetz haben das Potenzial, echte Wendepunkte im Naturschutz und im Kampf gegen die Klimakrise zu werden.“

Die Biodiversitätsstrategie ist als Teil des Green Deals der EU-Kommission von großer Bedeutung, nicht nur weil sie die Maßnahmen der EU-Länder auf nationaler und europäischer Ebene beschließt, um den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen. Die Strategie ist auch die Grundlage für die Position der EU, wenn 2021 das neue globalen Rahmenwerk der UN-Biodiversitätskonvention zu Ende verhandelt wird. „Zwar gab es einige bedauerliche Änderungen, doch auch die vom Umweltrat bestätigte Version zeigt: Die Biodiversitätsstrategie ist ein bedeutsamer und wegweisender Schritt“, sagt Heinrich. „Nun sind die EU-Mitgliedstaaten in der Pflicht, das Entschiedene schnellstmöglich umzusetzen – nur darauf kommt es letztlich an. Uns mangelte es auch in der Vergangenheit nicht an ambitionierten Zielen. Es war die Umsetzung, in der die Staaten meist kläglich scheiterten.“

Die Strategie nimmt sich unter anderem zum Ziel, 30 Prozent der europäischen Land- und Meeresfläche unter Schutz zu stellen. Zudem soll es einen verbindlichen EU-Plan zur Widerherstellung der Natur in Europa geben. Es sollen mindestens 20 Milliarden Euro in die Umsetzung der Strategie fließen. Bis 2021 will die Kommission außerdem ein Gesetz vorbringen, das Produkte, die in Zusammenhang mit Entwaldung stehen, aus dem europäischen Markt verbannt. „Auch Deutschland muss seinen Beitrag leisten“, sagt Heinrich.  „Momentan sind nur rund 15 Prozent der deutschen Landfläche durch ‚Natura 2000‘-Schutzgebiete abgedeckt. Es braucht also mehr Nationalparke, Biosphärenreservate und Naturschutzgebiete. Auch international muss Deutschland noch mehr leisten. Die Biodiversitätsfinanzierung in Entwicklungsländern sollte mindestens verdoppelt werden.“

Der in dieser Woche veröffentlichte Bericht der Europäischen Umweltagentur zum Status der Artenvielfalt in Europa zeigt deutlich, warum diese Maßnahmen so dringlich sind. 81 Prozent aller von der EU geschützten Lebensräume sind in einem schlechten Zustand, die Hauptziele der letzten Biodiversitätsstrategie der EU werden verfehlt. Ein historischer Tiefstand ist erreicht.

Um Klimaneutralität in Europa zu erreichen, braucht es ein wegweisendes, robustes Rahmengesetz für Klimaschutz in der EU. „Es ist positiv, dass der Umweltrat die allgemeine Ausrichtung beschlossen hat. Wir brauchen das Klimagesetz so schnell wie möglich. Die Bedrohung der Klimakrise pausiert nicht“, sagt Heinrich. „Ein gutes EU-Klimagesetz prägt die europäische Klimaschutzpolitik für die nächsten 30 Jahre.“ Mit dem Beschluss des Umweltrates kann der Trilog zum Klimagesetz auch mit Bezug auf einem neuen EU-Klimaziel beginnen. Die EU-Kommission hat sich bereits für eine Erhöhung auf mindestens 55 Prozent weniger Treibhausgase bis 2030 ausgesprochen, das EU-Parlament für 60 Prozent. Das Ziel wurde am Freitag nicht beschlossen, die Entscheidung sollen die Staatschef:innen auf dem Europäischen Rat im Dezember fällen. Der WWF fordert ein Reduktionsziel von mindestens 65 Prozent bis 2030. Das ist wissenschaftlich notwendig, um einen für die EU angemessen Beitrag zur Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5 Grad zu leisten.

Kaum substanzielle Ergänzungen zum bisherigen, unzureichenden Kommissionsvorschlag hat der Umweltrat am Freitag vorgelegt, kritisiert jedoch Heinrich. „Bisher fehlen noch entscheidende Punkte im Klimagesetzvorschlag. Klimaneutralität muss in Europa deutlich vor 2050 erreicht werden. Gesunde Meere, Wälder, Moore und Feuchtgebiete müssen als natürliche Treibhausgassenken als garantierte Restaurationsziele festgeschrieben werden. Überprüfungs- und Ambitionssteigerungsmechanismen zur Erreichung der Klimaziele müssen fest in dem Klimagesetz verankert werden.“

Heinrich sagt weiter: „Der Schutz der Artenvielfalt und der Kampf gegen die Klimakrise sind kein Selbstzweck. Der Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlage ist fundamental für unsere Gesellschaft, unsere Wirtschaft, unsere Gesundheit. Wir alle hängen von ihrer Bewahrung ab, in Europa und in der ganzen Welt. So erfreulich die Entscheidungen des Rates deshalb heute auch sind, in den laufenden Verhandlungen über die Gemeinsame Landwirtschaftspolitik der EU werden Befürchtungen der vergangenen Monate nun traurige Gewissheit: Denn dort spielen weder die Klimaschutzziele der EU noch der Green Deal eine Rolle als verbindliche Richtschnur für das milliardenschwere Subventionspaket für Europas Landwirt:innen. Mit Green Deal und der Farm-to-Fork-Strategie gibt es geeignete Baupläne für eine Grüne Architektur. Mit den aktuell geschürten GAP-Kompromissen ist die Grüne Architektur in Europa aber stark einsturzgefährdet.“

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Julian Philipp

Pressesprecher, Berlin