Berlin, 17.11.2020: Eine kleine Anfrage der Partei Bündnis 90/Die Grünen hat Ungeheuerliches zutage gebracht: Die Exportmenge an Kunststoff-Verpackungsmüll ist drastisch angestiegen. Jährlich exportiert Deutschland rund eine Million Tonnen Kunststoffabfälle (Verpackungsabfälle aus dem gelben Sack plus andere Abfälle, zum Großteil aus Gewerbe und Industrie). Diese gehen vor allem nach Malaysia und in die Türkei und damit in Länder mit einem deutlich schlechteren Abfallmanagementsystem. Für rund 90 Prozent des Abfalls gibt es keine klare Nachweispflicht, ob der Plastikmüll recycelt oder überhaupt legal verwertet wird. Was also in den betroffenen Ländern geschieht, wie und ob der Plastikmüll weiterverarbeitet wird, kontrolliert keine der deutschen Behörden. Nur für exportierten Verpackungsmüll aus dem Gelben Sack gibt es klare Vorschriften, dass dieser recycelt werden muss. Jedoch macht er nur einen kleinen Teil am Kunststoffabfall-Export aus (12,5%). Diese anscheinende Egal-Haltung hat fatale Auswirkungen für die Menschen und Ökosysteme vor Ort, findet Laura Griestop, Projektmanagerin Wirtschaft und Märkte bei WWF Deutschland:
„Deutschland exportiert wie ein Weltmeister, auch in Sachen Müll. Jährlich flutet die Bundesrepublik Länder wie Malaysia, die Türkei, Polen, Tschechien oder Bulgarien mit einer Million Tonnen Plastikmüll – frei nach dem Motto ‚Aus den Augen aus dem Sinn‘. Denn bei fast 90 Prozent dieses exportierten Abfalls ist völlig unklar, wo er in den Zielländern verbleibt. Es gibt keine Kontrolle, kein Monitoring. Eine schlechte Lösung, da die meisten der betroffenen Länder nur über unzureichende Verwertungssysteme verfügen. Ohne funktionierende Entsorgungsinfrastruktur landet der Müll größtenteils auf unkontrollierten Deponien. Ein stärkerer Regenschauer oder ein Sturm genügen und die Abfälle verseuchen die Erde oder werden ins Meer gespült – eine Gefahr für Mensch und Natur.“
Allein nach Malaysia gelangten vergangenes Jahr 182.000 Tonnen deutscher Plastikmüll und damit noch einmal rund 40 Prozent mehr als das Jahr zuvor. Malaysia ist damit trauriger Spitzenreiter unter den ausländischen Müllempfängern Deutschlands. „Statt andere Länder unsere Abfallsünden ausbaden zu lassen, sollte Deutschland seinen Plastikabfall behalten, ihn hochwertig recyclen und wiederverwenden“, fordert Laura Griestop. “Zudem sollten die Kapazitäten in den Exportländern dafür genutzt werden, den Kunststoffabfall zu recyceln, der in den Ländern selbst anfällt.“
Hintergrund
Der WWF setzt sich für ein internationales Abkommen gegen den Eintrag von Plastikmüll in die Meere ein. Das Abkommen soll die Müllreduktion und ein verbessertes Abfallmanagement gesetzlich vorschreiben. Mithilfe dieses Abkommens würde sich die Abfallwirtschaft in vielen Ländern verbessern – mit allen positiven Folgen für Menschen, Umwelt und Gesundheit.