143 Millionen Säugetiere, 2,46 Milliarden Reptilien, 180 Millionen Vögel und 51 Millionen Frösche – insgesamt fast drei Milliarden Tiere starben bei den verheerenden Buschbränden in Australien 2019 und 2020 oder wurden aus ihrem Lebensraum vertrieben. Das ist das bestürzende Zwischenergebnis eines neuen WWF-Reports, der wohl weltweit erstmalig eine so umfangreiche Bestandsaufnahme der Brandschäden für die Artenvielfalt enthält. Die Zahl ist fast dreimal so hoch wie die Schätzungen, die im Januar veröffentlicht wurden.
Trotz der Tatsache, dass es sich um einen Interims-Bericht handelt, wird sich an dem Endergebnis von drei Milliarden toten und vertriebenen Tieren voraussichtlich nichts mehr ändern. „Diese Zwischenergebnisse sind schockierend. Die Brände waren eine der schlimmsten Katastrophen für die Tier- und Pflanzenwelt in der Geschichte der Neuzeit“, äußert sich Dermot O´Gorman, CEO des WWF Australien.
„Schon im Januar war die Zahl von 1,2 Milliarden toten und vertriebenen Tieren kaum vorstellbar. Dieses neue Ergebnis übertrifft die schlimmsten Erwartungen“, so Arnulf Köhncke, Artenschutzexperte beim WWF Deutschland. Während sich die Schätzungen im Januar nur auf die Bundesstaaten New South Wales und Victoria bezogen, nahmen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen nun eine größere betroffene Fläche von 11,46 Millionen Hektar in ganz Australien ins Auge.
„Wie viele tote Tiere es genau sind, lässt sich schwer herausfinden. Fest steht, dass es die Tiere, die es aus den Flammen herausgeschafft haben, nun sehr schwer haben. Wenn Lebensraum und Nahrungsquellen, Nistplätze und Zufluchtsorte fehlen, werden weiter Tiere sterben“, so Köhncke.
Die Wälder der Welt leiden zunehmend unter der sich zuspitzenden Klimakrise, die wiederum zu immer heftigeren Bränden führt. „Die Rekordfeuer in Australien könnten zur neuen Normalität werden und sind nur ein Vorgeschmack auf das, was uns erwartet, wenn wir es nicht schaffen, den weltweiten Temperaturanstieg auf unter 1,5 Grad zu begrenzen“, warnt Köhncke. Der Report beinhaltet darüber hinaus Forderungen nach einer Eindämmung der massiven Abholzung australischer Wälder, einer besseren Verbindung einzelner Lebensräume, damit sich die Tiere vor den Feuern in andere Gebiete retten können sowie nach besserem Schutz unverbrannter Gebiete, die für gefährdete Tierarten von Bedeutung sind.
Gerade in der letzten Woche erschien eine Studie der Universität Queensland, nach der der Lebensraum von 70 einheimischen Wirbeltier-Arten in erheblichem Maße durch die Feuer betroffen ist und einige Arten noch weiter an den Rand des Aussterbens gebracht worden sein könnten. “Die Klimakrise und das Artensterben hängen direkt zusammen. Solche unvorstellbaren Zahlen verdeutlichen, wie fatal der Effekt dieser neuen Mega-Feuer auf die Tierwelt ist. Aber auch der Verlust von Lebensräumen weltweit und sich verändernde Nahrungsverfügbarkeiten lassen das Artensterben immer weiter voranschreiten”, erklärt Köhncke.
Im Auftrag des WWF Australien arbeiten zehn Wissenschaftler von den Universitäten in Sydney, New South Wales, Newcastle sowie der Charles Sturt Universität und der Umweltschutzorganisation BirdLife Australia an dem aktuellen Bericht. Geleitet wird das Projekt von Dr Lily Van Eeden und betreut von Professor Chris Dickman, beide von der Universität Sydney. Sie waren bereits an der ersten Schätzung im Januar beteiligt. Der finale Report erscheint voraussichtlich im August 2020.