Tideelbe: Stintbestände im freien Fall
Elbe immer trüber / Vertiefung und ständige Eingriffe bringen Ökosystem ans Limit
Das Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe aus BUND, NABU und WWF sieht gemeinsam mit den letzten Elbfischern im weiter anhaltenden Zusammenbruch des Stint-Bestandes ein dramatisches Warnsignal zum Zustand des Flusses. Die Umweltverbände fordern daher einen Stopp sämtlicher Baggerarbeiten bis die genauen Ursachen für den Rückgang des Stintes geklärt sind. Dafür müssen auch die dauerhaft laufenden Unterhaltungsarbeiten und die derzeitigen Schonzeiten für die Fischfauna überprüft werden.
„Die Stintbestände in der Elbe befinden sich weiter im freien Fall, das zeigen auch die ersten Ergebnisse aus 2020. Dazu passen die aktuellen Messdaten, es wird immer trüber in der Tideelbe. Trotzdem baggern HPA und Wasser- und Schifffahrtdirektion ohne Rücksicht auf Verluste weiter und schädigen damit den Stint und das komplette Ökosystem. Dies konterkariert die für die Tideelbe geltenden Ziele zu Erreichung eines guten Zustands der Natur“, so das Bündnis Lebendige Tideelbe.
Als eine der wesentlichen Ursachen für den Rückgang der Stinte gilt die zunehmende Trübung des Elbwassers. Gerade Eier und Jungstadien des Fisches werden geschädigt, der Nachwuchs bleibt aus. Daten der Messstation Blankenese zeigen seit 2014 einen fast durchgängigen Anstieg der Trübungswerte. Seit 2014 ist auch der Rückgang der Stinte bestätigt.
Anfang des Jahres ziehen die kleinen lachsverwandten Fische die Elbe hoch, um über sandigen Flachwasserzonen auf der Höhe von Hamburg abzulaichen. Genau in dieser Zeit setzte die Hamburg Port Authority (HPA) auch in den letzten Jahren Baggerschiffe ein, um Schlick aus der Fahrrinne auszubaggern. Vor allem sogenannte Injektionsverfahren, die den Elbgrund mit hohem Wassereinsatz „verflüssigen“, gelten wegen ihrer massiven Trübungswolken und des technischen Wasserdurchsatzes als problematisch. Zu dieser laufenden Unterhaltungsbaggerung kommen nun verstärkend die Baggerarbeiten für die umstrittene Elbvertiefung hinzu.
Als zentrale Fischart stellte der Stint in den letzten Jahrzehnten rund 90 Prozent der Fischfauna in der Tideelbe. In seinen verschiedenen Entwicklungsstadien gilt er als zentrale Nahrungsgrundlage für viele größere Fische, Seeschwalben und andere Vögel. Brechen die Stintbestände endgültig zusammen, wären auch diese Arten für die Elbe wohl für immer verloren.
Die Umweltverbände sehen in den Folgen der aktuellen Bewirtschaftungspraxis einen massiven Verstoß gegen die Überlebensbedingungen der Fischwelt. Gerade Hamburg als eine der reichsten Regionen Europas ist in besonderer Pflicht, die drohenden Naturverluste zu verhindern, wenn wir die Hoffnung erhalten wollen, dass sich Wohlstand mit Naturerhalt verbinden lässt.