Der EU-Rat unter deutschem Vorsitz und das Europäische Parlament haben sich heute auf einen informellen Deal über die Verteilung des Budgets des Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds (EMFAF) 2021-2027 geeinigt. Neben der Förderung der europäischen Fischerei und Aquakultur sowie der Unterstützung während Krisenzeiten ist ein wesentlicher Punkt die Zusage, die Modernisierung und den Erst-Erwerb von Flotten mitzufinanzieren. Damit werden unter dem Deckmantel einer vermeintlichen Nachhaltigkeits- und Klimaoffensive schädliche Fischereisubventionen wieder eingeführt und eine rückwärtsgewandte Subventionspolitik beibehalten, bewertet Anna Holl-Buhl, Fischerei-Expertin bei WWF Deutschland, den Deal:
„Die Bekanntgabe des informellen EMFAF-Deals ist ein herber Rückschlag auf dem Weg zu einer nachhaltigeren und zukunftssicheren Fischerei. Mit der Absichtserklärung die Anschaffung neuer Motoren sowie den Erst-Erwerb von Fangschiffen bis zu 24 Metern – das hat nichts mehr mit küstennaher Kleinfischerei zu tun – finanziell zu fördern, zementiert die EU den Weg für eine Fortsetzung der Überfischung und Zerstörung der Meere. Hierdurch setzt sie die Biodiversität in den Meeren aufs Spiel und agiert am eigenen Green Deal vorbei. Anstatt in gesunde Meere und Fischbestände zu investieren, die wirtschaftliche Grundlage für den Sektor der Fischerei, nimmt die EU in Kauf, dass Flottenüberkapazitäten und Überfischung angefeuert werden. Dabei ist die Beendigung der Überfischung der Meere eine der großen Herausforderungen, zu denen sich die internationale Staatengemeinschaft im Rahmen der UN-Agenda 2030 verpflichtet hat. Die EU bejaht nun jedoch offenbar Fischereisubventionen, welche eindeutig negativ für die Biodiversität sind und die Flottenkapazität erhöhen. Auf diese Weise untergräbt sie ihre eigenen sowie international vereinbarte Nachhaltigkeitsziele. Damit hat Bundesministerin Klöckner ihre Chance vertan, unter deutscher Ratspräsidentschaft die Weichen für eine nachhaltige Zukunft für Fischbestände und Fischer:innen zu setzen.
Gleichzeitig sendet die EU ein fatales Signal an die WTO, welche derzeit intensiv über die Abschaffung schädlicher Fischereisubventionen verhandelt. Zudem ignoriert der Entschluss die Mahnung des Europäischen Rechnungshofs, die Mittel für Meeresnaturschutz-Maßnahmen anzuheben. Auch Umweltverbände hatten zuvor einen zweckgebundenen Einsatz für diese Mittel gefordert, um die bedrohte Biodiversität zu retten. Der heutige Deal wirft die EU stattdessen um mindestens 16 Jahre zurück – denn 2004 waren bereits die meisten schädlichen Fischereisubventionen EU-weit abgeschafft. Der WWF fordert deshalb die EU eindringlich dazu auf, die jetzige Fassung zum Schutze unserer Meere zurückzuziehen.”