Vor fünf Jahren haben 196 Staaten und die Europäische Union das Pariser Klimaschutzabkommen beschlossen. Ihr Ziel ist es, die Erderhitzung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen. Es war ein historischer Durchbruch in der Klimadiplomatie. Doch so groß der Jubel am 12. Dezember 2015 in Paris war, desto kleiner fällt die Bilanz nach fünf Jahren aus. Der WWF Deutschland kritisiert, dass die Staatengemeinschaft sich noch nicht angemessen auf den Weg gemacht hat, um ihre Ziele zur Begrenzung der Klimakrise zu erreichen. Die in diesem Jahr vorgelegten Klimaziele der Staaten werden deshalb ein wichtiger Prüfstein für die Tragfähigkeit des Pariser Abkommens sein.
„Wir befinden uns mit den bisherigen Maßnahmen weiterhin auf einem Weg in eine Welt mit einer mehr als drei Grad heißeren Durchschnittstemperatur“, bilanziert Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland. „Hitzewellen, Waldbrände, Überflutungen, Eisschmelze und Artensterben – in immer kürzeren Abständen werden uns die katastrophalen Auswirkungen der Klimakrise vor Augen geführt. In der Umsetzung der wichtigen Beschlüsse von Paris wurden die letzten fünf Jahre effektiv nicht genutzt.“
Das Pariser Abkommen sieht vor, dass die Unterzeichner alle fünf Jahren ihre Klimabeiträge erhöhen. Bisher wurden erst wenige überarbeitete Ziele vorgelegt. Es gibt aber weltweit auch einige positive Signale. Inzwischen haben sich 127 Staaten, darunter China, Kanada, Japan und die EU, langfristige Netto-Null-Ziele gesetzt oder planen solche. Auch der designierte US-Präsident Joe Biden hat die Rückkehr der USA in das Abkommen inklusive eines Netto-Null-Ziels bis 2050 angekündigt. Insgesamt decken diese Ziele dann 63 Prozent der weltweiten Emissionen ab und bringen die Staatengemeinschaft mit einem Pfad auf 2,1 Grad Celsius zumindest in die Nähe der in Paris beschlossenen Temperaturziele.
In der Klimapolitik entsteht gerade eine internationale Dynamik, an der es bis vor kurzem gemangelt hat. „Trotzdem fehlt eine Übersetzung der Langfristziele in mittelfristige Planung und sofortige Maßnahmen“, kritisiert Christoph Heinrich. „Je länger wir warten, Klimamaßnahmen umzusetzen, umso schärfer müssen diese ausfallen. Und umso größer fallen die Schäden und Verluste aus, die die voranschreitende Erderhitzung inzwischen verursacht.“
Besonders deutlich wird die wachsende Umsetzungslücke bei den Pariser Zielen in den nächsten fünf Jahren. „Wir kennen die Wege aus der Klimakrise: Die erneuerbaren Energien lösen die fossilen Brennstoffe aus Kohle, Öl und Erdgas ab. Es mangelt aber vor allem an politischem Willen und Umsetzungskraft. Auch Deutschland hat seine Hausaufgaben bisher nicht gemacht. In Deutschland haben wir nahezu zehn Jahre beim Klimaschutz verloren und wichtige Weichen nicht gestellt.“ Der Ausbau der erneuerbaren Energien durch Wind- und Sonnenkraft stockt, der Ausstieg aus der zunehmend unrentablen Kohle wird bis 2038 hinausgezögert, die Transformation der Industrie zu klimaneutralen Prozessen wird nicht angegangen.
Die Covid-Pandemie muss nicht zwangsläufig mit weniger Maßnahmen zum Klimaschutz einhergehen. „In den milliardenschweren Wiederaufbauplänen liegt viel mehr die große Chance, neben der Covid-Krise auch die Herausforderungen der Klimakrise und des Artensterbens anzugehen“, sagt Christoph Heinrich. „Die Mittel können der Anst0ß sein, um die Minderungslücke zu den Pariser Klimazielen zu schließen.“ Die aktuelle Dynamik im internationalen Klimaprozess kann die nächste Weltklimakonferenz im November 2021 zum nächsten Meilenstein nach Paris 2015 machen – mit der Übersetzung von langfristigen Zielen in einen sofort wirksamen Klimaschutz-Fahrplan.
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Anlässlich des fünften Jubiläums des Pariser Abkommens hat der WWF Deutschland am Samstagvormittag eine Geburtstagsinstallation auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor gebaut.