Quecksilber vergiftet Amazonas
WWF-Report: Bereits rund 1,5 Millionen Menschen gesundheitlich betroffen / Staaten tun zu wenig gegen Quecksilberkrise
Berlin, 19.11.2018: Die Amazonasregion kämpft mit einem unsichtbaren Feind: Quecksilbereinträge aus dem Goldbergbau gefährden die Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen. Rund 1,5 Millionen Menschen am Flusssystem sind laut einem neuen Bericht des WWF bereits gesundheitlich betroffen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt Quecksilber zu den zehn besorgniserregendsten chemischen Substanzen für die weltweite Gesundheit. Mit dem Amazonas trifft die Quecksilberbelastung eine Region, deren Tier- und Pflanzenwelt bereits durch fortschreitende Entwaldung und Staudammprojekte massiv geschädigt ist.
Laut WWF-Report stammt ein Großteil des Quecksilbereintrags aus kleinbetrieblichem Goldbergbau, aus dem rund 15 Prozent des in der Amazonasregion abgebauten Goldes stammen. Zwar haben alle Amazonas-Anrainerstaaten 2013 die Quecksilber-Konvention der Vereinten Nationen unterzeichnet. Aber sie tun aus Sicht des WWF seitdem zu wenig gegen die Quecksilberkrise.
„Die Amazonas-Staaten müssen die Bergleute beim Ausstieg aus dem Goldbergbau wirtschaftlich unterstützen. Die Menschen vor Ort brauchen Alternativen zum giftigen Geschäft mit dem Gold, das sie selbst sowie ganze Regionen kaputt macht“, so Dirk Embert, Südamerika-Referent beim WWF Deutschland. Bergbaugemeinden und örtliche Kommunen müssten besser zusammenarbeiten und beim bestehenden Goldabbau quecksilberfreie Bergbautechniken fördern.
Die Verantwortung ende jedoch nicht am Amazonas: „Mit Gold wird weltweit gehandelt. In der Pflicht sind somit Händler, Banken und Verbraucher auch in Deutschland. Gold sollte immer aus zertifizierten Quellen stammen. Der Import von Mineralien wie Gold muss EU-weit an verbindliche Nachhaltigkeitskriterien gekoppelt werden“, so Embert weiter.
Zu den vom Quecksilbereintrag konkret betroffenen Tieren zählen auch die Flussdelfine vom Amazonas. In den vergangenen Monaten hatte der WWF in fünf südamerikanischen Ländern insgesamt 50 Flussdelfine kurzzeitig gefangen, um mehr über die noch als unerforscht geltenden Tiere zu erfahren. Die Delfine wurden mit GPS-Sendern ausgestattet und außerdem untersucht – unter anderem auf den Quecksilbergehalt in ihren Körpern. Ergebnis: Rund 26 Prozent von ihnen wiesen Quecksilberwerte auf, die über dem von der WHO für Menschen empfohlenen Niveau liegen.
Hintergrund:
Die Amazonasregion ist ein Hot-Spot der Biodiversität. Bisher konnten hier über 40.000 Pflanzenarten, 427 Säugetierarten (darunter Jaguar, Ozelot, Riesenotter und Flussdelfin), 1.294 Vogelarten (darunter Kaiseradler, Tukane, Aras und Kolibris) sowie über 3.000 verschiedene Fischarten identifiziert werden. Dabei sind viele Gebiete im Regenwald von Amazonien noch nahezu unerforscht. Amazonien ist zugleich ein Lebensraum für Menschen: Rund 320 unterschiedliche indigene Bevölkerungsgruppen leben hier, häufig noch auf traditionelle Art und Weise.