Bündnis gegen Aufweichung der Wasserrahmenrichtlinie

Umweltverbände engagieren sich gemeinsam für gutes Wasser

© Greg Armfield WWF
© Greg Armfield WWF

Knapp 92 Prozent der deutschen Oberflächengewässer verfehlen derzeit die ökologischen Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie – denn die typische Vielfalt von Tieren und Pflanzen fehlt oder ist verändert. Europaweit festgelegte Grenzwerte für besonders giftige und schlecht abbaubare Chemikalien werden zudem in praktisch allen Gewässern überschritten. Aus diesem Grund engagieren sich BUND, DNR, NABU, GRÜNE LIGA und WWF gemeinschaftlich, um den Zielen der Wasserrahmenrichtlinie endlich die politische Priorität einzuräumen, die ihnen gebührt. Finger weg von der Wasserrahmenrichtlinie, lautet die klare Botschaft der vier Umweltverbände und des Dachverbandes DNR. Die Verbände sind Teil der „Living Rivers Europe“-Koalition, die die europäischen Dachorganisationen der fünf Organisationen ins Leben gerufen haben.

 

Ziel der europäischen Wasserrahmenrichtlinie ist es, Flüsse, Seen, Küstengewässer und Grundwasserressourcen vor einer weiteren Verschlechterung zu schützen und die Ressource Wasser zu bewahren. Die Richtlinie wurde im Jahr 2000 von den EU-Mitgliedsstaaten verabschiedet. Sie schreibt vor, dass die europäischen Gewässer bis spätestens 2027 einen „guten“ ökologischen und chemischen Zustand erreichen müssen. Nun – 18 Jahre nach Inkrafttreten – soll die Richtlinie auf den Prüfstand. Es drohen Fristverlängerungen und Aufweichungen.

 

„Die Wasserrahmenrichtlinie mit ihren ambitionierten Umweltzielen und dem wegweisenden Politikansatz über nationale Grenzen hinweg ist weltweit ein Modell für eine zukunftsweisende Gewässerpolitik. Umso mehr steht jetzt auf dem Spiel. Die angestrebte und dringend nötige Verbesserung der Gewässerqualität bis 2027 droht sprichwörtlich ins Wasser zu fallen. Und erneut könnte ein starkes Gesetz für den Umweltschutz weichgespült werden“, kommentiert Dr. Diana Pretzell, Leiterin Naturschutz WWF Deutschland.

 

„Wer die strengen Schutzziele der Wasserrahmenrichtlinie in Frage stellt und weitere Ausnahmen fordert, verkennt den dramatischen Rückgang der typischen Tier- und Pflanzenarten in unseren Flüssen, Seen und Küstengewässern. Außerdem setzt er die lebensnotwendige Ressource Wasser leichtfertig aufs Spiel. Schifffahrt, industrielle Landwirtschaft und Kohlebergbau beeinträchtigen unsere Gewässer massiv, die Unternehmen müssen aber nicht für Schäden aufkommen. Diesem Vorgehen muss die Bundesregierung einen Riegel vorschieben und sich auch auf europäischer Ebene für den Erhalt der Wasserrahmenrichtlinie einsetzen“, fordert Olaf Tschimpke, Präsident des NABU.

 

 „Unser wichtigstes Lebensmittel ist keine Verhandlungssache. Es kann nicht sein, dass die seit 18 Jahren verschleppte Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie sogar noch belohnt wird, indem Ziele einfach verwässert oder umdatiert werden. Bundesregierung und Bundesländer haben noch acht Jahre Zeit, alles daran zu setzen, die Ziele doch noch zu erreichen. Dafür

braucht es den politischen Willen der Regierungen und keinen Aufschub“, ergänzt Sebastian Schönauer, Präsidiumsmitglied des Deutschen Naturschutzrings (DNR).

 

„Es braucht ein sofortiges Aktionsprogramm für unsere Flüsse“, sagt Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Bisher wurden aufgrund eines Zuständigkeitskonflikts an unseren großen Flüssen und Strömen –  Rhein, Donau, Weser, Elbe, Ems und Oder – kaum Maßnahmen ergriffen. Wir fordern eine sofortige Klärung zwischen Bund und Ländern. Um die verlorenen Jahre aufzuholen müssen extra Geld- und Personalmittel zur Verfügung gestellt werden.“

 

Eine Hauptursache der bisherigen Zielverfehlung ist die mangelnde Integration der Gewässerschutzziele in andere Politikbereiche. „Die Umweltziele der Wasserrahmenrichtlinie müssen als zwingend zu beachtende Vorgaben in die Politikbereiche Landwirtschaft, Energie und Bergbau integriert werden. Dazu gehört, die Gülle-Verschmutzung wirksamer als bisher einzudämmen, die Förderpraxis für erneuerbare Energien auf den Prüfstand zu stellen und die Umweltkosten des Bergbaus zu internalisieren. Auch bei der Durchgängigkeit der Bundeswasserstraßen gibt es erhebliche Rückstände in der Maßnahmenumsetzung“, stellt Michael Bender, Leiter der GRÜNE LIGA Bundeskontaktstelle Wasser klar.

 

Zentrale Forderungen der fünf Umweltverbände

Viele Gewässer in Deutschland sind in einem schlechten Zustand und die Politik investiert nicht genug in ihre Genesung. Statt einer als Aufweichung getarnten Überarbeitung braucht es mehr Geld, mehr Personal und den politischen Willen, die praktische Umsetzung vor Ort bis 2027 angemessen durchzusetzen und auf Verstöße etwa durch Industrie oder Landwirtschaft zu reagieren.

Wer jetzt die Wasserrahmenrichtlinie ändern will, der spielt mit dem Zustand unserer Gewässer – und der Ökosysteme, die davon abhängig sind. Die Folgen wären weitreichend und verheerend. Gemeinsam setzt sich die „Living Rivers Europe-Koalition“ deshalb dafür ein, unser Wasser von der Krankenstation zu holen und die Wasserrahmenrichtlinie nach knapp 20 Jahren endlich konsequent umzusetzen.

Kontakt

WWF Presse-Team