Schwindende Wälder
WWF-Bericht: Waldzerstörung schreitet voran / 2,4 Millionen Quadratkilometer globaler Waldverlust seit 1990
Berlin: Die massive globale Waldzerstörung entwickelt sich zu einer immer größeren Bedrohung für Artenvielfalt, Klimaschutz und Menschheit. Darauf macht der WWF in seinem aktuellen Waldbericht aufmerksam. Laut dem Report „Die schwindenden Wälder der Welt“ sind seit 1990 fast 2,4 Millionen Quadratkilometer Naturwald verloren gegangen, was mehr als der sechsfachen Fläche Deutschlands entspricht. „Die Hotspots der Waldzerstörung liegen in den tropischen Wäldern von Südamerika, Afrika und Südostasien. Das ist besonders dramatisch, denn sie sind Heimat für die Hälfte aller Tier- und Pflanzenarten der Welt und speichern gleichzeitig besonders viele Treibhausgase“, sagt Susanne Winter, Programmleiterin Wald beim WWF Deutschland.
Die mit Abstand größten Verluste sind nach Angaben des WWF in Afrika und Südamerika zu beobachten. Afrika hat seit 1990 zwölf Prozent seiner Waldfläche verloren (etwa 860.000 Quadratkilometer). Trauriger Spitzenreiter ist Nigeria, wo im genannten Zeitraum ganze 60 Prozent des Waldes zerstört wurden. In absoluten Zahlen stellt jedoch der Amazonas den wichtigsten Schauplatz der weltweiten Waldzerstörung dar. So hat der größte Regenwald der Erde seit 1995 über 310.000 Quadratkilometer eingebüßt. Während die Abholzung seit der Jahrtausendwende dank besserer Schutzbemühungen zunächst zurückging, zieht sie seit 2012 im Zuge der brasilianischen Wirtschaftskrise und Schwächung des Waldgesetzes wieder deutlich an.
Die Gründe für den Waldverlust variieren von Region zu Region. Der mit Abstand wichtigste Faktor sei global gesehen jedoch die industrielle Landwirtschaft. Insbesondere die Viehhaltung und der Anbau von Palmöl und Soja in riesigen Monokulturen verschlängen immer größere Flächen. Allein Deutschland importiert landwirtschaftliche Erzeugnisse von 55.000 Quadratkilometer Fläche, die einmal bewaldet waren, insbesondere Soja als Futtermittel in der Fleischerzeugung. Hinzu kämen die nicht-nachhaltige Abholzung für die Holz- und Papierproduktion, der Abbau von Bodenschätzen und Infrastrukturprojekte in zuvor unberührten Gegenden, die einer weiteren Zerstörung wiederum Vorschub leisten.
Ein kleiner Hoffnungsschimmer sei, dass sich der Waldverlust insgesamt verlangsamt. Eine wichtige Rolle spielt hierbei Asien, wo nach extremer Waldzerstörung jetzt massiv aufgeforstet wird und die Waldfläche seit 1990 um rund 250.000 Quadratkilometer angewachsen ist. Auch Europas Wälder konnten sich seither um etwa 150.000 Quadratkilometer ausbreiten. Der WWF bewertet die Aufforstungen als wichtigen Schritt, sie dürften jedoch nicht von der anhaltende Zerstörung von Naturwäldern ablenken: „Aufforsten ist notwendig, es kommt aber auf das Wie an. In den meisten Fällen haben wir es mit Plantagen-Forsten für die schnelle Holzgewinnung zu tun. Wir pflanzen artenarme Monokulturen, während artenreiche Naturwälder weiter im großen Stil abgeholzt werden“, so Susanne Winter. Trotzdem sei das Aufforsten ein Beitrag zum Klimaschutz, zugleich könnten die Plantagen helfen den Druck von den Naturwäldern zu verringern.
Um die folgenreiche Zerstörung der Wälder zu stoppen, fordert der WWF eine Abkehr vom Dogma der kurzfristigen Profitmaximierung: „Unsere Wirtschaftsweise basiert zu großen Teilen auf der Ausbeutung von Ressourcen, ohne dass wir die Folgen in Betracht ziehen. Kurzfristig gewinnen wir Wohlstand, aber langfristig sägen wir an dem Ast, auf dem wir sitzen. Die Wälder sind dafür ein Paradebeispiel. Wälder versorgen uns mit sauberem Wasser, schützen uns vor Erosion und Fluten und stabilisieren unser Klima. Setzen wir das aufs Spiel, verlieren wir mehr als ein paar Prozente Wirtschaftswachstum“, sagt Susanne Winter vom WWF.
Um einen weiteren Niedergang aufzuhalten müssten ein Großteil der verbliebenen Naturwälder unter strengen Schutz gestellt werden. Für Klima- und Artenschutz sei darüber hinaus entscheidend, wirtschaftliche Interessen mit dem Umweltschutz zu versöhnen. Dazu spricht sich der WWF für Finanzierungsprogramme aus, mit denen eine naturnahe, die Artenvielfalt erhaltende Waldbewirtschaftung gefördert wird. Des Weiteren müssten bereits bestehende Gesetze entschiedener durchgesetzt werden. Gerade in Ländern mit großen Waldbeständen sei Korruption ein großes Problem, mitunter würden Wälder in Schutzgebieten oder gar Nationalparks abgeholzt. Doch auch hierzulande ist laut WWF noch viel zu tun: So werde beispielsweise die Holzhandelsverordnung, die den Import illegalen Holzes in die EU verhindern soll, auch in Deutschland nur mangelhaft umgesetzt.