Das nächste 2020-Ziel kippt

Bundesregierung will rechtsverbindliches EU-Klimaziel für 2020 verfehlen/WWF: Koalitionsparteien müssen mit Sofortmaßnahmen nachsteuern

Michael Schäfer © WWF
Michael Schäfer © WWF

Deutschland wird nicht nur sein eigenes 2020-Klimaziel verfehlen, sondern auch seiner Verpflichtung für das EU-Ziel 2020 nicht nachkommen. Das geht aus Unterlagen des Bundesumweltministeriums hervor, die dem Tagesspiegel vorliegen. Demnach wird Deutschland unter anderem in den Sektoren Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft weit hinter der zugesagten Treibhausgasminderung zurückbleiben*. Dazu sagt Michael Schäfer, Leiter des Fachbereichs Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland:

 

„Deutschland lässt sich gehen. Seit Monaten ist klar, dass das nationale Klimaziel für 2020 ohne erhebliche zusätzliche Anstrengungen drastisch verfehlt wird. Jetzt hat das Bundesumweltministerium eingestanden, dass die Bundesregierung Deutschlands Beitrag zum EU-Klimaziel nicht erbringen will. Der deutsche Beitrag zum EU-Klimaziel ist im Unterschied zum nationalen Klimaziel rechtsverbindlich, aber weniger ambitioniert. Gleich zwei wichtige Ziele für 2020 zu verfehlen, wäre eine Bankrotterklärung großkoalitionärer Klimapolitik. Das reiche Deutschland würde zum klimapolitischen Schlusslicht in der EU, ein verheerendes Signal an alle anderen Staaten. Deutschlands Glaubwürdigkeit wäre endgültig dahin. Deutschlands Klimapolitik muss sich endlich aus der Starre der letzten Jahre befreien. Dazu gehört, in den Koalitionsverhandlungen <link file:29324>Sofortmaßnahmen zum Erreichen der 2020-Ziele zu ergreifen, mit dem Kohleausstieg im Mittelpunkt. Parallel braucht es eine steuerliche Förderung energetischer Gebäudesanierung, ein Förderprogramm für den klimafreundlichen Ersatz alter Ölheizungen und Maßnahmen zum Klimaschutz in der Landwirtschaft. Unabdingbar ist zudem ein ganzheitliches Mobilitätskonzept, das den Verkehr sauberer und die Menschen weniger abhängig vom Auto macht. Wer sich in einem Koalitionsvertrag dazu verpflichtet, sich für Deutschlands Zukunft einzusetzen, kommt um die Einhaltung wichtiger Klimaziele nicht umher. Die Lösungen sind bekannt: Es ist Zeit zu handeln!“

 

*Das Gesamt-EU-Klimaziel für 2020 ist untereilt in den Emissionshandel (ETS) und die Effort Sharing Decision (ESD). Letztere umfasst u.a. die Sektoren Gebäude, Landwirtschaft und Verkehr. Im ETS sollen 21 Prozent, unter der ESD 10 Prozent Treibhausgasemissionen ggü. 2005 eingespart werden. Unter der ESD hat jeder Mitgliedsstaat noch ein gesondertes Ziel, Deutschlands Beitrag liegt bei 14 Prozent. Dieses rechtsverbindliche Ziel wird Deutschland mit den bisher ergriffenen Maßnahmen nicht erreichen.

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