Hoffnung für Braunkehlchen

Hoffnung für Braunkehlchen

Braunkehlchen © iStock / Getty Images
Braunkehlchen © iStock / Getty Images

Auf ökologisch bewirtschafteten Flächen reichen bereits einfache Schutzmaßnahmen, damit der Vogelnachwuchs zahlreich überlebt. Das ist das Ergebnis von Untersuchungen im Rahmen des Projekts „Landwirtschaft für Artenvielfalt“ an Braunkehlchen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Der einst weit verbreitete Singvogel gilt in Deutschland nach Roter Liste als stark gefährdet. Laut Bundesamt für Naturschutz nahm sein Bestand zwischen 1990 und 2013 um 63% ab. Auf mehreren Biopark-Betrieben gelang es nun, den Bruterfolg fast zu verdoppeln. Markus Wolter, Referent Landwirtschaft des WWF Deutschland, freut sich: „Wir haben einen Rettungsanker für stark gefährdete Vogelarten gefunden – Ökolandbau ist die Basis für aktiven Vogelschutz und mit kleinen Extras lässt sich ganz viel für die Tiere erreichen.“

 

Die bodenbrütenden Braunkehlchen sind im Grünland vor allem beim Mähen der Wiesen gefährdet, aber auch durch Beweidung an den Nistplätzen oder der Pflege von Gräben und Böschungen. Auf mehreren Projektbetrieben setzten die Biopark-Landwirte auf bewirtschafteten Grünlandflächen einfache Schutzmaßnahmen um. So wurden kleinflächige Schutzzonen abgesteckt und beim Mähen oder der Beweidung ausgespart. Von April bis Mitte Juli blieb ein zehn Meter breiter Streifen am Feldrand stehen oder es wurde eine Ecke der Weide abgezäunt. Grabenböschungen, die als Brutplatz dienten, wurden in der Brutzeit nicht gemäht. An einigen Orten stellten Vogelkundler sogenannte Jagdwarten ins Gelände, also zusätzliche Sitzstäbe für die Vögel. Bei den 144 Brutstätten ohne Schutzmaßnahmen flogen aus 45% der Nester Jungvögel aus. Durch die Maßnahmen (37 Brutstätten) wurde der Nesterfolg auf 84% erhöht. Da die meisten Maßnahmenflächen klein sind und am Feldrand liegen, ist der Ernteausfall der Landwirte in der Regel gering. Einige der zeitweilig nicht bewirtschafteten Flächen wurden durch Agrarumweltprogramme gefördert.

 

Die Erhebung ist Teil des Projekts „Landwirtschaft für Artenvielfalt“ (LfA) von WWF, EDEKA, Biopark und dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF e.V.). Im Auftrag des WWF haben Wissenschaftler des ZALF acht ökologisch bewirtschaftete Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg untersucht. Die Öko-Betriebe bewirtschaften ihre Flächen ohne Einsatz von mineralischem Stickstoffdünger und chemisch-synthetischen Pestiziden. Das Grünland wird von Mutterkühen und ihren Kälbern beweidet. Dadurch gibt es eine hohe Artenvielfalt von Pflanzen und Insekten, was wiederum viele Vögel anlockt, die sich und ihren Nachwuchs von den Insekten ernähren.

 

Immer seltener hört man fröhliches Zwitschern und Tirilieren auf deutschen Äckern und Feldern. Bekannte Singvögel gehen stark zurück. „Noch ist eine Trendwende möglich, wenn es gelingt, die Fläche des Ökolandbaus schnell erheblich auszuweiten. Deutschland muss sein Ziel, 20% der Landwirtschaftsfläche auf Ökolandbau umzustellen, schnellstmöglich erreichen. Wir brauchen außerdem ein Aus für Neonikotinoide, mit denen Saatgut behandelt wird. Sie stehen in Verdacht, das Bienen- und Insektensterben mit zu verursachen – die Nahrungsgrundlage der Vögel“, so Wolter.

 

Hintergrund

 

Projekt „Landwirtschaft für Artenvielfalt“
Das Projekt Landwirtschaft für Artenvielfalt will die Vielfalt der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten in landwirtschaftlich geprägten Lebensräumen erhöhen. Das gelingt mit Hilfe eines betriebsgerecht variierbaren Naturschutzmoduls, einer Zusatzqualifikation für den Öko-Landbau. Herzstück des Projekts ist ein Katalog von über 100 verschiedenen Naturschutzmaßnahmen. Projektpartner auf Erzeugerseite im laufenden Projekt ist der ökologische Anbauverband Biopark. Die wissenschaftliche Begleitung liegt beim ZALF. EDEKA Nord vermarktet die Erzeugnisse der teilnehmenden Betriebe und honoriert bei bestimmten Produkten die Zusatzleistungen für den Naturschutz. Mehr unter <link http: www.landwirtschaft-artenvielfalt.de>www.landwirtschaft-artenvielfalt.de

 

Artenvielfalt in Deutschland und die Rolle der herkömmlichen Landwirtschaft
Mit einem Anteil von über 50%  ist die Landwirtschaft der größte Flächennutzer in Deutschland. Zahlreiche Arten sind angewiesen auf landwirtschaftlich geprägte Lebensräume. Konventionelle, intensive Landwirtschaft mit hohem Pestizid- und Mineraldüngereinsatz und engen Fruchtfolgen ist neben dem Verlust an Lebensräumen hauptverantwortlich für die Zerstörung von Artenvielfalt in landwirtschaftlich genutzten Räumen in Deutschland und Europa. Die Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion lässt immer weniger Platz für Lebensräume - sei es am Rand oder innerhalb von Produktionsflächen. So stehen nahezu drei Viertel aller im Offenland brütenden Vogelarten auf der Roten Liste, und die Anzahl der für Acker- und Grünland typischen Pflanzen hat in den letzten Jahrzehnten um bis zu 95%  abgenommen. Betroffen sind ehemals verbreitete Pflanzen und Tiere wie Feldhase, Kiebitz oder Feld-Rittersporn.

Kontakt

WWF Presse-Team