EU-Emissionshandel - Flaggschiff in der Flaute
Neue Option für Sondierungsgespräche: Deutscher Kohleausstieg durch Zertifikatelöschung möglich
Schlechte Nachricht für die Jamaika-Sondierer: Das Emissionshandelssystem wird weiterhin kein Preissignal setzen, um die deutschen Klimaziele zu erreichen. Eine weitere Reform ist in dieser Legislaturperiode nicht geplant. Damit sei erst ab Mitte der 2020er Jahre das dringend benötigte Preissignal für den CO2-Ausstoß erwartbar, so der WWF. Immerhin spielt Brüssel den Berliner Unterhändlern eine neue Karte für den Verhandlungspoker zu: ein Kohleausstieg durch Zertifikatelöschung.
„Technisch funktioniert der Emissionshandel, aber er macht keinen Unterschied. Der Markt wird bis Mitte der nächsten Dekade überschwemmt bleiben, und die Industrie muss nicht mal für Ihre Zertifikate zahlen. Damit setzt er keinen Anreiz zur Emissionsminderung. Für die Jamaika-Sondierer kommt jetzt allerdings eine neue Option ins Spiel – der Kohleausstieg durch Zertifikatelöschung“, sagt Juliette de Grandpré, WWF-Expertin für europäische Klimapolitik.
EU-Parlament, -Rat und -Kommission hatten sich Dienstagabend auf einen gemeinsamen Beschluss zur Reform des EU-Emissionshandels ab 2020 geeinigt. Dabei wurde die Chance vertan, das Flaggschiff der EU-Klimapolitik wieder auf Kurs zu bringen. Der Beitrag der EU bliebe damit auch viel zu niedrig um die Pariser Klimaschutzziele zu erfüllen.
Das hat auch in Deutschland Konsequenzen, denn circa die Hälfte der Emissionen wird vom EU-Emissionshandel erfasst. Der Druck, zusätzliche nationale Maßnahmen zur Emissionsminderung einzuführen, steigt. Doch eine gute Nachricht: Nach den neuen Regelungen können ambitioniertere Mitgliedstaaten überflüssig gewordene Zertifikate stilllegen, so beispielsweise nach der Abschaltung von Kohlekraftwerken. Bislang blieben diese Zertifikate im Markt und standen anderen Marktteilnehmern zur Verfügung – ein gemeinsamer europäischer Klimaschutz wurde damit ausgehebelt. Des Weiteren wird ab 2023 eine Löschung von überschüssigen Zertifikaten aus der Marktstabilitätsreserve möglich sein, „Es ist sehr zu begrüßen, dass der Emissionshandel ambitionierteren Mitgliedstaaten nicht mehr im Weg steht“, so de Grandpré.