- Vermeidbare Lebensmittelverlust pro Jahr: 10.467 Tonnen
- Jährliche Flächenfußabdruck der Potsdamer Ernährung: 41.132 Hektar
- Davon für Fleisch und andere tierische Lebensmittel: 29.532 Hektar (72%)
- Schweine und Zuchtsauen in der Großregion Potsdam: über 240.000
- Anteil Bio-Bauernhöfe in der Großregion Potsdam: 9 Prozent (131 Betriebe)
Potsdams Landwirte besser als „miserabler Bundesdurchschnitt“
WWF startet deutschlandweite Foodtruck-Tour in Potsdam: Regionale „Foodhelden“ vor Brandenburger Tor. / WWF-Regionalbericht: Potsdams Landwirtschaft nachhaltiger als Bundesdurchschnitt. / Lebensmittelverschwendung in Potsdam: 10.000 Tonnen jährlich
Deutschlands Agrarsektor ist ein Biotop-Killer: Überdüngte Monokulturen verdrängen Weiden und Äcker. Es droht eine stumme Kulturlandschaft, aus der viele Tiere und Pflanzen verschwunden sind – auch in Potsdam und Umgebung. Davor warnt der WWF anlässlich seiner deutschlandweiten Foodtruck-Tour, die am Donnerstag und Freitag in der brandenburgischen Landeshauptstadt startet. Laut eines WWF-Papiers zu Landwirtschaft und Ernährung ist die Region zwar nachhaltiger aufgestellt als der bundesdeutsche Durchschnitt, hat jedoch ebenfalls mit den negativen Folgen der Intensiv-Landwirtschaft zu kämpfen. Um den Artenverlust zu stoppen und eine faire wie nachhaltige Landwirtschaft zu stärken, fordert der WWF einen grundlegenden Wandel in der Agrarpolitik.
Mit rund 22.000 Hektar sind acht Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in der Region nach ökologischen Kriterien bewirtschaftet. Damit liegt Potsdam über dem Bundesdurchschnitt von 6,5 Prozent, aber immer noch weit entfernt vom Ziel der Bundesregierung, ein Fünftel der Fläche ökologisch zu bewirtschaften. In der Großregion Potsdam leben inzwischen deutlich mehr Nutztiere als Menschen: Über 240.000 Schweine, 160.000 Rinder und Kühe sowie noch einmal knapp 23.000 Schafe sollen es sein. Aber auch in diesem Punkt ist man laut <link http: www.wwf.de fileadmin fm-wwf publikationen-pdf wwf-regionalbericht_potsdam_landwirtschaft_und_ernaehrung.pdf _blank external-link>WWF-Regionalbericht rein zahlenmäßig glücklicherweise weit entfernt von den nicht tragbaren Zuständen in den Vieh-Ballungsräumen Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens. „Die Landwirte in und um Potsdam wirtschaften nicht wegen, sondern trotz der politischen Rahmenbedingungen umweltschonender als der miserable Bundesdurchschnitt. Die Region muss aufpassen, dass sie den eingeschlagenen Pfad weiter geht und nicht wieder verlässt“, sagt Matthias Meissner, WWF-Referent für Landwirtschaft und Ernährung.
So ist die Datenlage auch für Potsdam und Umgebung dennoch eindeutig kritisch: Die klassischen Wald- und Wiesenvögel, Schmetterlinge und Feldhamster verschwinden gemeinsam mit ihren Lebensräumen. Schreiadler, Wachtelkönig oder Großer Brachvogel sind in Brandenburg inzwischen vom Aussterben bedroht, ehemals typische Ackerwildkräuter sind kaum noch zu finden. Auch die Nitrat-Belastung des Grundwassers ist akut: An zwei Messstellen nahe Potsdam werden seit Jahren immer wieder stark erhöhte Werte von über 50 Milligramm Nitrat pro Liter ermittelt. Eine weitere Messestelle liegt gar konstant beim vierfachen dieses gesetzlichen Grenzwerts. Als Hauptursache gilt die Überdüngung der Äcker. „Politik wie Gesellschaft müssen in einen nachhaltigen Agrarsektor investieren. Umweltfreundlich produzierende Landwirte brauchen ein gerechtes und zuverlässiges Einkommen. Natur und Landwirtschaft sind keine voneinander abgekoppelten Systeme. Sie können nur gemeinsam dauerhaft erfolgreich sein und müssen wieder in Einklang gebracht werden“, so Meissner.
Zugleich müsse sich auch der Konsum verändern und der verschwenderische Umgang mit Lebensmitteln gestoppt werden. Laut WWF-Berechnungen fallen allein in Potsdamer Haushalten vermeidbare Lebensmittelverluste von über 10.000 Tonnen pro Jahr an. Zudem ist sowohl auf lokaler wie auch auf globaler Ebene der hohe Fleischbedarf ein Problem. Insgesamt fragen die Potsdamer pro Jahr rund 15.000 Tonnen Fleisch nach, davon 9.000 Tonnen Schweinefleisch, 3.200 Tonnen Geflügelfleisch und 2.200 Tonnen Rindfleisch. Um dieser Nachfrage nachzukommen, werden insgesamt über 17.000 Hektar landwirtschaftliche Fläche benötigt, vor allem um Tierfutter anzubauen. „Wir essen in Deutschland zu viel Fleisch, produzieren zugleich mehr als wir brauchen und exportieren die Überschüsse ins Ausland. Dieses System ist nicht nachhaltig. Mit Schweinefleisch aus deutscher Intensivmast wird höchstens der Regenwald in Südamerika zerstört oder das Grundwasser in Deutschland verschmutzt, aber sicherlich nicht der Hunger in der Welt bekämpft“, so Meissner.