Hai vor der Maske
WWF veröffentlicht Verhaltenskodex für Tauchtourismus mit Haien und Rochen
Im Meer einem Hai begegnen – das ist für viele Menschen eine Horrorvorstellung. Immer mehr Taucher suchen jedoch die Begegnung mit den großen Raubfischen als Höhepunkt ihres Tauchgangs. Der WWF hat jetzt den ersten weltweiten Verhaltenskodex für einen nachhaltigen Tourismus mit Haien und Rochen veröffentlicht.
Schon jede vierte Hai- und Rochenart ist vom Aussterben bedroht. Hauptgrund für das Schwinden ist Überfischung: Haie werden einerseits zielgerichtet befischt und wegen ihrer Flossen gejagt oder enden andererseits häufig als ungewollter Beifang an Langleinen oder in Schleppnetzen. Gleichzeitig wird Tauchen und Schnorcheln mit den großen Tieren immer beliebter.
„Tauchtourismus mit Haien und Rochen hat sich zu einer millionenschweren Industrie entwickelt. Dies macht dem Schutz der bedrohten Tiere nicht einfacher, kann aber positive Effekte entfalten“, sagt Philipp Kanstinger, Meeresschutzexperte und Forschungstaucher beim WWF Deutschland. „Tauchbasen entstehen oft in gut erhaltenen Meeresregionen und verdienen an der noch intakten Unterwasserwelt. Allerdings fließt das erwirtschaftete Geld oft ins Ausland statt in lokale Strukturen oder den Erhalt der marinen Lebensräume“. Oft drängt Tauchtourismus auch örtliche Fischerei zurück. Indem sie lokale Tauchguides ausbilden und beschäftigen oder pro Tauchgast einen Beitrag für lokale Infrastruktur entrichten, können Tauchbasen auch Verantwortung übernehmen, für die Menschen, die vor Ort vom Meer leben. „Mit einem lebenden Hai lässt dauerhaft sich mehr Geld verdienen, als mit einem toten auf dem Fischmarkt, nur muss das Geld auch vor Ort ankommen. Der Naturschutz, besonders der von großen Raubtieren, funktioniert nur mit dem Rückhalt der Bevölkerung“, so Kanstinger.
Grundsätzlich sieht der WWF-Experte Taucher als natürliche Verbündete für den Schutz bedrohter Meeresbewohner wie Haie und Rochen. „Wer taucht, liebt das Meer, und Tauchbasen leben von der Faszination gesunder Meere. Trotzdem sind die negativen Auswirkungen an boomenden Tauchspots häufig unübersehbar“. Zu viele Tauchboote und fehlender Abstand stressen die Tiere, vertreiben sie eventuell sogar von angestammten Rückzugsräumen oder Nahrungsgründen. Verbreitet ist auch die umstrittene Praxis des Anfütterns, um Tauchgästen planbar eine spektakuläre Begegnung mit Haien zu ermöglichen. „Anködern ist ein Eingriff ins Ökosystem, weil es das natürliche Verhalten von Haien verändert. Es ist höchstens mit einem wissenschaftlich unterlegten Futterplan vertretbar, offenes Futter oder Fütterung per Hand sind aber absolut nicht empfehlenswert“, so WWF-Experte Philipp Kanstinger. Vor dem Beginn der Ferienzeit rät der WWF, sich bereits vor Buchung über Arbeitsweise des Tauchanbieters zu informieren. „Taucher haben die Macht, Haie zu schützen. Sie beginnt bei der Wahl eines naturverträglichen Tauchanbieters und setzt sich in rücksichtsvollem Verhalten unter Wasser fort“, so Kanstinger.