In kaum einer anderen Region Deutschlands werden so viele Schweine gemästet wie im Münsterland. Die Folgen sind große Mengen Gülle, die zusammen mit synthetischem Düngemittel im Ackerbau das Grundwasser stark belasten. Das geht aus einem aktuellen Regionalreport hervor, den der WWF im Rahmen seiner deutschlandweiten Foodtruck-Tour in der Stubengasse in Münster vorgestellt hat. So weisen mittlerweile drei von zehn Messstellen eine teilweise deutliche Überschreitung des Nitrat-Grenzwertes auf. Neben der Belastung des Grundwassers und der Oberflächengewässer warnen die Umweltschützer vor einem massiven Artenschwund im Münsterland. Doch nicht nur die Tier- und Pflanzenwelt nehme Schaden: Immer mehr Landwirte müssten aufgeben, da vor allem für nachhaltig wirtschaftende Betriebe ein gerechtes und zuverlässiges Einkommen fehle.
„Die intensive Land- und Viehwirtschaft ist aus dem Ruder gelaufen und produziert immer mehr Verlierer“, sagt Martina Fleckenstein, Leiterin Landwirtschaft beim WWF Deutschland. „Die zunehmende Intensivierung entzieht dem Agrarsektor seine eigene Lebensgrundlage. Böden, Gewässer und Artenvielfalt gehen vor die Hunde, gleichzeitig schwindet die Akzeptanz in der Bevölkerung. Trotz der staatlichen Subventionen sinkt die Rentabilität. Allein in den letzten sieben Jahren musste in Deutschland jeder dritte Schweine haltende Betrieb aufgeben. Ein Umsteuern ist dringend notwendig.“ Der WWF setzt sich für die Förderung einer umweltfreundlichen Landwirtschaft ein. Landwirten, die im Einklang mit der Natur produzieren, müsse geholfen werden, damit sie gegen die Billigproduktion von Intensivmastbetrieben bestehen könnten. Doch genau das habe die Politik in den vergangenen Jahren versäumt. „Statt auf eine nachhaltige Landwirtschaft umzustellen, nimmt die Intensität der Produktion weiter zu. Das schadet Umwelt, Verbrauchern und Landwirten“, so Fleckenstein.
Die Konsequenzen lassen sich laut WWF nahezu in ganz Deutschland beobachten. Im Münsterland falle die Bestandsaufnahme jedoch besonders negativ aus: Rund 3,2 Millionen Schweine werden im Umkreis von 50 Kilometern um Münster gehalten. Das entspricht fast der Hälfte aller in Nordrhein-Westfalen gehaltenen Schweine und mehr als zehn Prozent der 28 Millionen Tiere deutschlandweit. Der Anteil an ökologisch bewirtschafteter Fläche liegt in der Region mit nur einem Prozent deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 6,5 Prozent. Jede dritte Grundwasser-Messstelle verzeichnet Nitratwerte, die den Grenzwert für Trinkwasser von 50 Milligramm pro Liter teils massiv überschreiten. Als Hauptursache gilt die Überdüngung der Äcker. Auch die Tier- und Pflanzenwelt nimmt Schaden: In Nordrhein-Westfalen leiden zahlreiche Feld- und Wiesenvögel unter erheblichen Bestandsrückgängen. Arten wie Großer Brachvogel und Wiesenpieper, die noch vor wenigen Jahrzehnten häufig anzutreffen waren, sind mittlerweile stark gefährdet. Der Grauammer, die Bekassine und das Braunkehlchen sind sogar vom Aussterben bedroht – ebenso wie der Feldhamster.
Um die Gefahren einzudämmen wirbt der WWF auch bei Verbrauchern für ein Umdenken. Jeder einzelne könne mit seinem Konsumverhalten etwas beitragen und zum Beispiel weniger Fleisch essen. Pro Jahr fragen die Münsteraner rund 27.000 Tonnen Fleisch nach. Dafür werden etwa 31.600 Hektar landwirtschaftliche Fläche benötigt. Der Flächenbedarf geht vor allem auf den Anbau von Tierfutter zurück, insbesondere gentechnisch verändertes Soja, wofür in Südamerika große Flächen Regenwald verloren gehen. „Die exzessive Fleischproduktion im Münsterland zerstört die Umwelt und Lebensgrundlagen hier vor Ort, aber auch auf der anderen Seite des Globus“, warnt Martina Fleckenstein. Auch für einen sorgsameren Umgang mit Lebensmitteln setzen sich die Umweltschützer ein: So werden laut WWF-Berechnungen allein in Münsteraner Haushalten jährlich Lebensmittel von knapp 27.904 Tonnen weggeworfen. Fast 70 Prozent davon seien vermeidbar.