Landwirtschaft am Scheideweg
EU-Kommission diskutiert über Gemeinsame Agrarpolitik ab 2020 | WWF: Gezielte Förderung von Leistungen im Naturschutz statt Subvention per Gießkanne
Heute stellt EU-Agrarkommissar Phil Hogan in Brüssel die Ergebnisse der Konsultation über die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 2020 vor. Bis zum Frühjahr 2018 will der zuständige Kommissar erste Vorschläge dazu vorlegen. Der WWF fordert ab 2020 eine faire Verteilung der Agrargelder, die sich an Nachhaltigkeits- und Umweltvorgaben orientiert. "Die aktuelle Agrarpolitik belohnt Großbetriebe mit Intensiv-Landwirtschaft. Das Nachsehen haben Landwirte, die nachhaltig produzieren und damit unsere natürlichen Lebensgrundlagen schützen", so Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland. "Wir brauchen eine gezielte Förderung von Leistungen zum Beispiel im Naturschutz und eine Ende von Subventionen, die sich nur an der Größe des Betriebs orientieren."
Der WWF steht mit dieser Forderung nicht allein: Zuletzt hatte eine repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Juni ergeben, dass eine deutliche Mehrheit von 88 Prozent der Deutschen eine Landwirtschaftspolitik will, die unsere natürlichen Lebensgrundlagen besser schützt. Entsprechend sind 80 Prozent der Meinung, dass Landwirte zukünftig nur Agrarsubventionen erhalten sollten, wenn sie zu gesunden Böden, sauberem Trinkwasser und einer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt beitragen.
Als Opfer der derzeitigen Agrarpolitik in der EU wie auch in Deutschland sieht der WWF neben der Natur auch die Bauern selbst: "Die Zahl der Familienbetriebe nimmt seit Jahrzehnten ungebremst ab. Zugleich steht die Akzeptanz des ganzen Berufsstandes auf dem Spiel. Denn immer deutlicher zeigen sich die negativen Folgen von intensiver Tierhaltung und intensivem Ackerbau mit hohem Nitrat- und Pestizideinsatz. Wir erleben, wie die Feldflur verarmt zu einer stummen, monotonen Agrarlandschaft ohne Wiesenvögel, Schmetterlinge, Bienen und Feldhamster. Aufgabe der nächsten Bundesregierung ist, vom Bremser zum Vorreiter in der EU-Debatte zu werden, zum Wohle der Landwirte und unserer Umwelt", sagt Christoph Heinrich vom WWF.
Wie dringend notwendig ein Umdenken in der Agrarpolitik ist, belegten erneut alarmierende Zahlen des Bundesamts für Naturschutz (BfN). Dessen jüngst veröffentlichter Agrar-Report zur biologischen Vielfalt zeigt, dass sich die deren Situation in der Agrarlandschaft deutlich verschlechtert hat. Praktisch alle Tier- und Pflanzengruppen sind dort demnach von einem starken Schwund betroffen.
Um für nachhaltige Landwirtschaft zu werben, tourt der WWF derzeit mit dem WWF-Foodtruck quer durch Deutschland. Vor Ort will die Umweltorganisation mit Politikern, Erzeugern und Verbrauchern über die Zukunft der Landwirtschaft ins Gespräch kommen.
Hintergrund
Derzeit arbeitet die EU unter Federführung von EU-Agrarkommissar Phil Hogan an den Grundsäulen der EU-Agrarpolitik ab 2020. Von Februar bis Mai veranstaltete die EU-Kommission dazu eine öffentliche Befragung zur Agrarreform. Insgesamt erhielt die EU-Kommission 322.912 Rückmeldungen. Allein 258.708 Bürgerinnen und Bürger sowie über 600 Organisationen und Unternehmen beteiligten sich über eine Online-Kampagne der Umweltverbände BUND, DNR, NABU und WWF an der Diskussion um die künftige EU-Agrarpolitik. Sie fordern von EU-Agrarkommissar Phil Hogan einen drastischen Kurswechsel bei den milliardenschweren Agrarsubventionen, die immerhin 38 Prozent des EU-Haushalts ausmachen.