Erdöl im Essen
WWF fordert Grenzwerte für Mineralöl-Belastung in Lebensmitteln / Studie zeigt vielfältige Ursachen für Verunreinigungen
Berlin: Ob Schokolade im Adventskalender, Brotaufstriche, Olivenöl oder Reis – regelmäßig werden in Supermärkten Lebensmittel entdeckt, die mit Mineralölrückständen belastet sind. Trotz der hohen Bedeutung für den Verbraucher- und Umweltschutz ist der Wissensstand zum Thema noch gering. Eine neue Studie „Mineralölrückstände in Lebensmitteln – mögliche Ursachen“ des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL), die vom WWF in Auftrag gegeben wurde, fasst nun die losen Kenntnisse zusammen und gibt Handlungsempfehlungen für Politik und Wirtschaft. „Die hohe Belastung vieler Lebensmittel mit Mineralöl findet bislang zu wenig Beachtung. Dabei sind die Folgen für die Gesundheit und Umwelt kaum absehbar. Damit sich etwas bewegt benötigen wir gesetzliche Grenzwerte. Die können den Anstoß geben, dass alle Beteiligten entlang der Lieferkette sich des Problems annehmen“, sagt Jörg-Andreas Krüger, Geschäftsleitung Ökologischer Fußabdruck beim WWF Deutschland.
Die gesundheitlichen Auswirkungen der Mineralölrückstände auf den Menschen sind bislang nicht vollständig bekannt. Fest steht, dass sich die verschiedenen Mineralölkohlenwasserstoffe im menschlichen Gewebe anlagern, auf Organfunktionen auswirken und Tumorbildung fördern. Teilweise gelten sie sogar als potentiell krebserregend. Doch auch für den Umweltschutz wird das Erdöl zum Problem: Als Hauptquelle für die Belastung gelten bislang Verpackungen aus Recyclingpapier. Ursache ist die Verwendung von mineralölhaltigen Druckfarben, wie sie vor allem für Zeitungen verwendet werden. Trotz Reinigung im Recyclingprozess bleiben Rückstände im Recyclingpapier erhalten und können von der daraus produzierten Kartonverpackung in die Lebensmittel überwandern. Der Einzelhandel reagiert zunehmend mit einer Abkehr von Recyclingverpackungen und zusätzlicher Isolierung der Lebensmittel durch Aluminium oder Plastik – aus Umweltschutzsicht allesamt problematische Wege.
Neuere Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass die Mineralölrückstände trotz Barrieren in den Lebensmitteln vorhanden sind. Die Ursachen sind somit vielfältiger und nicht allein auf Recyclingverpackungen zurückzuführen. Die Studie von FiBL und WWF identifiziert beispielsweise mineralölhaltige Pflanzenschutzmittel, Schmieröle von Ernte- und Transportmaschinen, Trennmittel oder Verpackungen der Rohware als weitere Ursachen für die Verunreinigungen.
Viele dieser Kontaminationsquellen kommen auch für Olivenöle infrage, welche die Studie als beispielhafte Produktgruppe herausgreift. So untersuchen die Autoren die Daten von insgesamt 68 Olivenölen, die von einer europäischen Einzelhandelskette zur Verfügung gestellt wurden. Ergebnis: Nur vier Prozent der Olivenöle waren nicht mit gesättigten Mineralöl-Kohlenwasserstoffen (MOSH) kontaminiert, 63 Prozent hingegen sogar sehr stark verunreinigt (über 4 mg/kg). Bei den aromatischen Mineralöl-Kohlenwasserstoffen (MOAH) waren 19 Prozent der Olivenöle mit mehr als 0,5 mg/kg belastet, eine gesundheitsschädliche Kontaminierung also deutlich seltener gegeben.
Nach Ansicht des WWF ist das Problem nur durch ein Bündel an Maßnahmen zu lösen. So rufen die Umweltschützer Händler und Produzenten dazu auf, entlang der gesamten Lieferkette den Eintrag von Mineralölen in die Produkte zu untersuchen und die Daten an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit weiterzuleiten. Nur so könnten die wichtigsten Eintragsquellen für die Mineralölrückstände identifiziert werden. Daneben sei mittel- bis langfristig ein Umstieg auf mineralölfreie Druckfarben im Zeitungsdruck notwendig. Dies sei wichtig für den Schutz der Gesundheit der Verbraucher, aber auch für den Umweltschutz, damit Recyclingpapier langfristig wieder bedenkenlos im Lebensmittelhandel eingesetzt werden könne, ohne zusätzliche Barrieren aus Aluminium oder Kunststoff heranzuziehen.