Schlupflöcher mit Zahlen stopfen

WWF entwickelt Instrument zur Berechnung von Zielpfaden für das Klimapaket 2030 der EU / Der „2030 CO2-Rechner“ ist ab sofort freigeschaltet

Screenshot 2030carboncalculator.eu © WWF
Screenshot 2030carboncalculator.eu © WWF

Die heiße Phase zur Ausgestaltung des Klimapakets 2030 der Europäischen Union hat begonnen: Die Reform des Emissionshandels steht am 13. Oktober auf der Agenda des Industrie-Ausschusses des Europaparlamentes, am 17. Oktober wird zum ersten Mal im Umweltrat diskutiert, wie sich die einzelnen Mitgliedsstaaten im Rahmen der sog. Effort Sharing-Regelung an den Reduktionszielen beteiligen. Ziel der EU ist, bis 2030 mindestens 40 Prozent ihrer Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 zu reduzieren. Doch Details zur Ausgestaltung des Pakets zeigen: Zahlreiche Schlupflöcher könnten dafür sorgen, dass die EU 2030 nur eine Minderung von 35 anstatt der anvisierten 40 Prozent erzielt.

 

Das Problem: Die Schlupflöcher sind nur schwer zu erkennen. Die komplexen Mechanismen etwa der Effort Sharing-Regelung sind selbst für viele Politiker und Journalisten, die sich mit Klima- und Energiethemen beschäftigen, undurchsichtig. Dabei sei enorm wichtig, die Lücken und ihre möglichen Folgen zu verstehen, sagt Juliette de Grandpré, WWF-Referentin für europäische Klima- und Energiepolitik. „Das 40-Prozent-Ziel bis 2030 steht schon nicht in Einklang mit dem Pariser Klimavertrag. Und nun könnte aufgrund zahlreicher Schlupflöcher sogar dieses schwache Ziel verfehlt werden.“

 

Aus diesem Grund hat der WWF  den „2030 CO2-Rechner“ entwickelt, der verschiedene Pfade auf dem Weg zum 2030-Ziel betrachtet. Die Szenarien, die vom Öko-Institut berechnet wurden, umfassen zum Beispiel unterschiedliche Startniveaus im Emissionshandel und der Effort Sharing-Verordnung, sowie verschiedene Möglichkeiten im Umgang mit überschüssigen CO2-Zertifikaten und mit Zertifikaten aus dem Waldbereich. „Die Lücken, die sich aktuell noch auf dem Weg zum 2030-Ziel auftun, sind immens. Milliarden Tonnen Treibhausgas-Emissionen mehr oder weniger je nach Ausgestaltung der Vorgaben – das ist ein gewaltiger Unterschied, der das Gesamtziel einer 40-Prozent-Minderung gefährdet. Nutzt die EU die Schlupflöcher aus, beansprucht sie ein viel höheres CO2-Budget, als ihr bis 2030 zusteht“, sagt Juliette de Grandpré. Der Rechner ist unter www.2030carboncalculator.eu ab sofort freigeschaltet.

 

Hintergrund:

 

Das Klima- und Energiepaket 2030 der Europäischen Union für den Zeitraum 2021 bis 2030 folgt auf das Paket 2020 (2013-2020). Die EU-Klimapolitik basiert auf drei Säulen: dem Emissionshandel (ETS), der Effort Sharing-Regelung (ESR) und dem Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF). Auf dem Weg zu einer 40-Prozent-Minderung an Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 1990 entstehen innerhalb dieser Säulen Schlupflöcher. Ein Beispiel: Welches Startniveau gilt für die Minderung in der Effort Sharing-Verordnung? Denn das 2020-ESR-Ziel wird voraussichtlich übertroffen. Wird aber dieses Ziel als neuer Startpunkt definiert, könnte das CO2-Budget in den Folgejahren deutlich höher liegen, als würde der Startpunkt niedriger angesetzt, und zwar basierend auf dem Niveau der errechneten realen Emissionen im Jahr 2021.

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WWF Presse-Team