Dorsch am Scheideweg
Vor Verhandlung über Ostsee-Fangquoten: WWF fordert Senkung des Fischereidrucks nach wissenschaftlichen Empfehlungen / Dorschbestand vor dem Aus
Wie lange wird es noch Ostseedorsch vor unserer Küste geben? Das liegt auch an den Fischereiquoten für die Ostsee, die die EU-Fischereiminister am kommenden Montag für das Jahr 2017 festlegen. Der westliche Dorschbestand steht vor dem Zusammenbruch, damit steht auch die Zukunft der Küstenfischerei auf dem Spiel. Der WWF fordert die Fischereiminister auf, die wissenschaftliche Empfehlung nach drastischer Quotenkürzung umzusetzen, um eine Bestandserholung zu ermöglichen, die der Küstenfischerei überhaupt eine langfristige Perspektive verschafft.
„Zwei Jahrzehnte legalisierter Überfischung haben den westlichen Dorschbestand an den Rand des Kollaps geführt. Ohne Fisch gibt es keine Fischerei, die strikte Einhaltung der wissenschaftlichen Empfehlung ist womöglich die letzte Chance langfristig beides zu retten. Die Fischereiminister müssen deshalb endlich den Fischereidruck drastisch reduzieren und konsequent auf Bestandsschonung setzen“, fordert Stella Nemecky, Fischerei-Expertin des WWF Deutschland. Der Hauptanteil an dieser Dorschfangmenge entfällt auf Dänemark und Deutschland, deshalb sei das Landwirtschaftsministerium bei den Verhandlungen besonders in der Pflicht, sich für eine nachhaltige Nutzung des Dorschbestandes einzusetzen. Für die betroffenen Fischer müssten bei diesen starken Kürzungen Überbrückungsmöglichkeiten geschaffen werden.
Erstmals findet auch der Langzeitmanagementplan für die Ostsee Anwendung, der für den westlichen Dorschbestand eben diese drastische Drosselung des Fischereidrucks vorschreibt und auch Maßnahmen, wie eine saisonale Schließung der Fischerei zum Schutz laichender Tiere vorsieht. Auch die EU-Kommission hat im Rahmen dieses Plans jetzt Befugnis, die Fischerei komplett zu schließen, falls die Mitgliedstaaten sich nicht auf wirksame Aufbaumaßnahmen verständigen können.
Wissenschaftler des ICES (Internationaler Rat zur Erforschung der Meere) hatten angesichts des zuletzt dramatischen Bestandseinbruchs beim westlichen Dorsch eine Kürzung der Fangquote um 87 Prozent für das Fanggebiet gefordert. Dies entspräche einer Höchstfangmenge von insgesamt 3475 Tonnen aus diesem Bestand. Weil erstmals berücksichtigt werden soll, dass auch die Freizeitfischerei beachtliche Mengen Dorsch entnimmt – durchschnittlich 2558 Tonnen jährlich allein in Deutschland – verbleibt für die Fischerei eine wissenschaftlich empfohlene Höchstfangmenge von 1588 Tonnen Dorsch aus dem Fanggebiet.
Für das Jahr 2016 hatten Fischereiminister eine Höchstfangmenge von 12.720 Tonnen festgesetzt und damit zuletzt die wissenschaftliche Empfehlung um 63 Prozent überschritten.