Alimente für alte Kohlekraftwerke

Kohle- und Kapazitätsreserven schröpfen Verbraucher und lassen Milliarden auf alte Kohlekraftwerke regnen

Braunkohlekraftwerk © iStock / Getty Images
Braunkohlekraftwerk © iStock / Getty Images

Heute berät der Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Bundestages den Entwurf des novellierten Strommarktgesetzes. Der WWF sieht in wesentlichen Teilen des vorgelegten Entwurfs die falsche Weichenstellung für die Energiewende. Die Bundestagsabstimmung ist für Freitag vorgesehen, ehe der Gesetzentwurf dem Bundesrat zur formellen Zustimmung zugeleitet wird. Damit drohen die teure und ineffektive Reserveregelung für Braunkohlekraftwerke und die Kapazitätsreserve in Gesetzesform gegossen zu werden, mit der die Bundesregierung die Einhaltung der Klimaschutzziele 2020 erreichen will.

 

 „Die Entscheidung für eine Kohle- und eine Kapazitätsreserve setzt vollkommen falsche Anreize, da zum einen bereits abgeschriebene Anlagen auf Kosten der Verbraucher teuer aus dem Markt gekauft und zum anderen emissionsintensive Strukturen konserviert werden“, sagt Henrik Maatsch, Referent für Klimaschutz und Energiepolitik des WWF.

 

Um im Stromsektor zusätzlich mindestens 22 Mio. t CO2 einsparen und das Klimaschutzziel von 40 Prozent weniger Treibhausgasemissionen bis 2020 noch realisieren zu können, hatte sich die Bundesregierung bereits im Sommer letzten Jahres für eine sogenannte Klimaschutzreserve im Stromsektor ausgesprochen. Im Detail betrachtet entpuppt sich die Klimaschutzreserve jedoch als eine Kohlereserve. Denn der Vorschlag, alte Kraftwerke vom Markt zu nehmen und sie in einer Reserve zu parken kommt einem goldenen Handschlag für ohnehin auszumusternde Kohlemeiler auf Kosten der Verbraucher gleich: Für ihre hypothetischen Verdienstausfälle am Strommarkt sollen die Kraftwerke fürstlich entschädigt werden.

 

 

Hintergrundinformation:

Ende 2015 hat Deutschland seine Treibhausgasemissionen um 27,2 Prozent ggü. 1990 reduziert. Die Bundesregierung hat sich mehrfach zu ihrem Ziel bekannt, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren. Selbst wenn man bereits ergriffene klima-und energiepolitische Maßnahmen mit einrechnet, ergibt sich bis 2020 lediglich eine Minderung von 33 Prozent. Zur Schließung der Klimaschutzlücke fehlen also nicht weniger als 7 Prozentpunkte, das entspricht einer Reduktion von 91,7 Mio. t CO2äq (2015). Das Bundeswirtschaftsministerium bezifferte den zusätzlichen Minderungsbeitrag des größten CO2-Emittenten, des Stromsektors, auf 22 Mio. t CO2.

 

Mit der Überführung der Braunkohlekraftwerke in die Kohlereserve werden jedoch lediglich 12,5 Mio. t CO2 eingespart werden. Dazu sollen bis 2020 schrittweise Braunkohlekraftwerke mit einer Leistung von insgesamt 2,7 GW in eine sogenannte Sicherheitsreserve überführt und dann vier Jahre nach ihrer Kontrahierung, also spätestens in 2023, endgültig stillgelegt werden. Ab 2018 wird die Emissionsminderung evaluiert und die Betreiber bei einer Verfehlung des Minderungszieles ggf. aufgefordert, Vorschläge für eine zusätzliche Minderung von 1,5 Mio. t CO2 bis 2020 zu erbringen (Vergrößerung der Braunkohlereserve). Die drei Braunkohlebetreiber RWE, Vattenfall und Mibrag erhalten dafür 1,6 Mrd. € (230 Mio. € p.a.). Diese Kosten werden auf den Verbraucher über erhöhte Netzentgelte (~+0,05 ct./kWh) abgewälzt.

 

Der WWF kritisiert dies als klimapolitisch unzureichend und fordert einen umfassenden Plan zum Ausstieg aus der Kohleverstromung bis spätestens 2035. Nur so können die Klimaschutzziele noch erreicht und ein mit dem 2-Grad-Limit zu vereinbarender Pfad beschritten werden.

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WWF Presse-Team