Augenwischerei in der Nordsee
WWF kritisiert Nordsee-Fischereiquoten: „Das Anlandegebot wird zum Freifahrtschein für Quotenerhöhungen “
Die Fischereiminister der EU haben heute in Brüssel festgelegt, dass im Jahr 2017 in der Nordsee 17 Prozent mehr Kabeljau, 53 Prozent mehr Seelachs und 7 Prozent weniger Hering gefangen werden darf. Der WWF kommentiert die Entscheidung der Fischereiminister kritisch. Eine entscheidende gesetzliche Neuerung – das Anlandegebot - werde für die Nordsee nur mangelhaft umgesetzt.
„Die Minister nutzen das neu eingeführte Anlandegebot als Freifahrtschein, um die Quoten zu erhöhen. Das ist fahrlässig, weil die Einhaltung des Anlandegebots nicht sichergestellt wird. Mit diesem Fehlstart gefährden die Fischereiminister die langfristige Erholung der Fischbestände“, kritisiert Karoline Schacht, Fischereiexpertin des WWF. „Die Minister zäumen das Pferd von hinten auf. Wer die immense Ressourcenverschwendung auf See beenden will, muss dafür sorgen, dass weniger Jungfisch im Netz landet. Die Vermeidung von Beifang müsste das oberste Gebot sein“. WWF fordert, die Umstellung auf selektivere Fangtechniken zu fördern und die Einhaltung des Rückwurfverbots über Kameras an Bord zu kontrollieren.
Ab 2017 gilt für viele wichtige Nordsee-Fischereien das sogenannte Anlandegebot bzw. Rückwurfverbot. Fischereien auf Kabeljau, Wittling, Seelachs, Scholle oder Seezunge müssen ihren gesamten Fang an Land bringen. Der früher auf See praktizierte Rückwurf von beigefangenen Fischen, die zu klein waren oder nicht der Zielart entsprachen, ist nun verboten.
Der WWF empfiehlt Verbrauchern in seinem Einkaufsratgeber Fisch auch bei regionalem Fisch auf gesunde Bestände und umweltverträgliche Fangmethoden zu achten. „Hering und Sprotte aus der Nordsee kann man mit grünem Gewissen genießen. Der Schollenbestand ist auf einem Rekordhoch, aber es kommt auf die Fangmethode an. Wenn Nordseescholle mit Stellnetzen gefangen wurde, ist auch das eine gute Wahl“, so Karoline Schacht. Von Kabeljau raten die Umweltschützer jedoch ab, weil die Bestände noch immer unter starkem Druck stehen und sich nur auf niedrigem Niveau erholen.