Der Weg aus dem Dorsch-Dilemma
WWF fordert wissenschaftliche Fangquoten / „Dorschdrama ist hausgemacht“
Die Zukunft des Dorsches und damit auch der Ostseefischer steht auf der Kippe: Weil der Dorschbestand in der westlichen Ostsee kurz vor dem Zusammenbruch steht, empfehlen Wissenschaftler eine drastische Kürzung der Fangquoten um 87 Prozent. Für viele Fischer, insbesondere in Schleswig Holstein, wäre das existenzbedrohend. Aber auch ein kollabierter Dorschbestand wäre das Aus für die Fischerei. Vor dem bevorstehenden Deutschen Fischereitag (23.-25. August in Potsdam) mahnt der WWF deshalb, die wissenschaftlich empfohlenen Quotenkürzungen umzusetzen und Überbrückungsmöglichkeiten für betroffenen Fischer zu schaffen. Vorschläge wie Abwrackprämien und sozialverträgliche Stilllegungen von Kuttern seien in diesem Fall als Notfallmaßnahme zu begrüßen. Es ist laut WWF unumgänglich, dass auch die Angelfischerei einen Beitrag zum Bestandsaufbau leistet.
„Die Dorschkrise ist hausgemacht. Der westliche Dorsch wurde jahrzehntelang mit Ansage und auf behördliches Geheiß überfischt. Im Ergebnis reicht der Dorsch nicht mehr für alle. Die Fangkapazität der Flotte muss jetzt reduziert und an den realistischen Fangmöglichkeiten ausgerichtet werden“, sagt Stella Nemecky, Fischereiexpertin des WWF. Eine halbherzige Quotenkürzung, die erneut hinter den wissenschaftlichen Empfehlungen zurückbleibt, gefährdet die Erholung des Bestandes und sei deshalb nicht im langfristigen Interesse der Fischerei. Voraussichtlich sei eine reduzierte Fischerei und Überbrückung bis mindestens 2019 nötig. „Im Oktober zeigt sich, wie der nächste Nachwuchsjahrgang ausfällt. Davon ist abhängig wie schnell sich der Dorschbestand erholen kann, so dass eine moderate Fischerei ihn nicht gefährdet“, so Nemecky weiter. Der WWF kritisiert, dass die deutsche Fischereipolitik den gesetzlich verankerten Vorsorgeansatz über Jahre missachtet habe. „Es kommt in der Natur vor, dass Nachwuchsjahrgänge quasi komplett wegbrechen. Bei überfischten Beständen sind die Folgen dann gravierend. Gutes Fischereimanagement bedeutet, auch für diesen schlimmsten Fall gewappnet zu sein, so dass nicht gleich die ganze Fischerei bedroht ist“, so Nemecky weiter. Gute Nachwuchsjahrgänge müssen in einem solchen Fall vorrangig dem Aufbau des Fischbestandes dienen.
Der WWF wirbt auch für eine Ausweitung der Schonzeit für laichende Fische und befürwortet eine Umstellung der Fischerei auf andere Arten. Ebenso solle gefördert werden, wenn Fischer auf selektiveres Gerät umsatteln wollen, das den Fang von untermaßigen Jungdorschen vermindert.