Stolzes Jubiläum am Wattenmeer

30 Jahre Nationalpark Wattenmeer in Schleswig Holstein: Viele Naturschutzerfolge, aber Nachholbedarf in der Unterwasserwelt

Alpenstrandläufer © Hans-Ulrich Rösner
Alpenstrandläufer © Hans-Ulrich Rösner

Zum 30jährigen Geburtstag des Nationalparks Wattenmeer in Schleswig-Holstein am 1. Oktober zieht der WWF eine ausgewogene Bilanz:  Sichtbaren Naturschutzerfolgen steht eine bislang vernachlässigte Unterwasserwelt gegenüber.  Im Jubiläumsjahr wurden zwei große Erfolge erzielt, eine Vereinbarung mit der Miesmuschelfischerei und die „Wattenmeerstrategie 2100“ zur Klimaanpassung.

 

„Auf die großen Naturschutzerfolge kann man an der Küste stolz sein: Seehunde sind auf einen großen Bestand angewachsen, die lange zuvor im Wattenmeer ausgerotteten Kegelrobben kamen wieder zurück, viele küstentypische Salzwiesen sind geschützt, die Jagd innerhalb des Nationalparks wurde völlig beendet und Millionen von Küstenvögeln finden genug Ruhe zum Rasten und  Brüten“, sagt Hans Ulrich Rösner, langjähriger Wattenmeer-Experte beim WWF und schon an den Diskussionen zur Gründung des Nationalparks beteiligt. Höhepunkt der Entwicklung und Beleg für die Naturqualität war, dass das Wattenmeer 2009 sogar als Weltnaturerbe anerkannt wurde. Trotzdem bleibe noch viel zu tun. „Die Unterwasserwelt des Wattenmeeres ist völlig unzureichend geschützt. Auch nach 30 Jahren darf die Fläche des Nationalparks fast vollständig befischt werden. Das passt mit einer ungestörten Naturentwicklung, die der Nationalpark ermöglichen soll, nicht zusammen“. Nur etwa 3 Prozent der Nationalparkfläche sind laut Gesetz fischereifrei. Entsprechend fehlen heute die früher Unterwasserriffe bildenden Sandkorallen im Wattenmeer ebenso wie empfindliche Fischarten, z.B. Katzenhaie und Rochen. Auch die kurz nach Gründung des Nationalparks begonnene Ölförderung auf der „Mittelplate“ konnte bislang nicht gestoppt werden. Die Betreiberfirma DEA strebt trotz heftiger Kritik sogar immer noch eine Ausweitung an.

 

Ausdrücklich lobt der WWF jedoch zwei große Erfolge im Jahr 2015: „Nach jahrzehntelangem Streit gelang es, zwischen Landesregierung, Muschelfischerei und Naturschutzverbänden eine Vereinbarung zu schließen, die zu einer erheblichen Verringerung der Fischerei auf wilde Muschelbänke führt und hoffen lässt, dass sich diese wieder erholen“, so Hans-Ulrich Rösner. „Dies war ein Kompromiss zwischen allen Beteiligten, aber einer, der mit dem Schutz vereinbar ist, und in Zukunft eine nachhaltige Muschelfischerei ermöglicht.“ Ein noch größerer Erfolg ist es laut WWF, dass die schleswig-holsteinische Landesregierung die „Wattenmeerstrategie 2100“ beschlossen hat, die gemeinsam zwischen den Küstenschutz- und Naturschutzbehörden sowie dem WWF, der Schutzstation Wattenmeer und der Insel- und Halligkonferenz entwickelt wurde.  Diese Anpassungsstrategie an die Folgen des Klimawandels stellt erste Weichen dafür, dass das Wattenmeer sich auch in 100 Jahren noch an den durch den aufgrund des Klimawandels beschleunigt steigenden Meeresspiegel anpassen kann. „Dazu brauchen wir natürlich vor allem globalen Klimaschutz, doch selbst bei Einhaltung des 2-Grad-Zieles wird der Meeresspiegel noch so drastisch steigen, dass das Wattenmeer nur erhalten bleibt, wenn ihm ein naturangepasstes Mitwachsen mit dem Meeresspiegel ermöglicht wird,“ so Hans-Ulrich Rösner. „Damit dies gelingt, wollen Küstenschützer und Naturschützer künftig zusammenarbeiten und Maßnahmen gemeinsam planen, abstimmen und ausprobieren.“

 

Vor 30 Jahren, am 1. Oktober 1985, trat das Gesetz zum Schutz des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer in Kraft. Die damalige Gründung des auch heute noch größten Nationalparks in Mitteleuropa war ein Meilenstein für den Schutz des einmaligen Lebensraums Wattenmeer an der Nordseeküste. Damals noch heiß umstritten, genießt der Nationalpark heute eine große Anerkennung in der Bevölkerung vor Ort. Immer mehr vor allem touristische Betriebe lassen sich deshalb als Nationalpark-Partner zertifizieren.

 

 

Kontakt

WWF Presse-Team