Mehr als Chlorhühnchen

Demonstration gegen TTIP und CETA: WWF fordert radikalen Neustart

Im Vorfeld zur Großdemonstration gegen die Freihandels- und Investitionsabkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA) warnt der WWF Deutschland, als einer der Demo-Organisatoren, dass Umweltstandards und -gesetzgebung in die Schraubzwingen der Abkommen geraten. CETA, da bereits ausverhandelt, könne nur noch abgelehnt und TTIP sollte, wenn überhaupt, komplett neu begonnen werden. „Es geht um wesentlich mehr, als ein paar Chlorhühnchen. Es stehen grundsätzliche Werte zur Disposition“, warnt Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland. „Die Demokratien der betroffenen Länder wären durch die Abkommen nicht mehr so frei, Gesetze zu erlassen, die sie für richtig halten. Elementare Errungenschaften bei Sozialfragen, Umwelt- und Verbrauchschutz sind gefährdet.“

 

Sollten CETA und TTIP in ihrer jetzigen Form durchkommen, so die WWF-Kritik, könnten Konzerne zukünftig vor intransparenten Schiedsgerichten Milliarden einklagen, wenn ihnen durch neue Umweltgesetze Gewinne entgehen. Zudem gibt es Bestrebungen, Standards der jeweils anderen Seite anzuerkennen und entsprechend Produkte unterschiedlicher Standards auf den Markt zu lassen. Der WWF befürchtet als Folge ein fatales „race to the bottom“.  

 

„Es braucht wenig Fantasie, sich vorzustellen, was passiert, wenn durch CETA und TTIP billige, unter Niedrigstandard produzierte Waren  in den Handel gelangen. Es droht ein Wettbewerbsdruck nach unten“, fasst Heinrich zusammen. Es müsse befürchtet werden, dass es etwa bei Chemikalien, Pestiziden oder gentechnisch produzierten Lebensmitteln zur Demontage des Schutzes  von Umwelt und Verbrauchern komme. Bestehende Fracking-Verbote in Europa könnten aufgeweicht werden. Erste, vorauseilende Entscheidungen habe die EU schon getroffen, indem sie CO2-intensive Öle aus Teersanden herkömmlichem Öl gleichstellte. Und selbst das in der EU-Umweltpolitik geltende Vorsorgeprinzip zur Abwendung von Umwelt- und Gesundheitsschäden, auch jenen die wissenschaftlich plausibel aber ungewiss sind, gerät laut WWF unter Druck.

 

Eine Zustimmung der Bundesregierung zu den Abkommen sei nur gerechtfertigt, wenn die jeweils höheren Umwelt- und Sozialstandards zum Maßstab gemacht und nicht umgangen werden. Das i EU-Vorsorgeprinzip dürfe nicht ausgehebelt werden, Investor-Staat-Schiedsgerichte im Rahmen des sogenannten ISDS-Verfahrens seien auszuschließen und Transparenz in den Verhandlungen zu gewährleisten. Negative Auswirkungen auf Entwicklungsländer müssten vermieden werden. Seine Vorbehalte sieht der WWF durch ein Gutachten bestätigt. Die Naturschutzorganisation hatte CETA, das Vorbild für TTIP sein soll, von der Uni Kassel unter die Lupe nehmen lassen. Selbst wenn TTIP nicht zustande käme, könnten US-Unternehmen durch CETA über Zweigunternehmen in Kanada Zugang zum europäischen-kanadischen Freihandelsraum bekommen und auch klagen.

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