Wasserkrise wird zur globalen Bedrohung
WWF: Zerstörung von Wasser-Vorkommen gefährdet Umwelt, Menschen und Wirtschaft / São Paulo trocknet aus: Größtes Wasserreservoir nur noch zu 14 % gefüllt
Berlin – Zum Weltwassertag am 22. März warnt die Naturschutzorganisation WWF, dass sich die globale Wasserkrise zu einer ökologischen, ökonomischen und sozialen Katastrophe entwickelt. Über 780 Millionen Menschen hätten derzeit keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und 2,6 Milliarden Menschen lebten ohne grundlegende Sanitäreinrichtungen. Zudem gilt die Wasserkrise laut einem aktuellen Ranking des Weltwirtschaftsforums als größtes, ökonomisches Risiko - noch vor Haushaltskrise, Terrorismus oder Arbeitslosigkeit. Den Feuchtgebieten, die in globalen Wasserkreisläufen eine entscheidende Rolle spielen, gehe es dagegen „immer weiter an den Kragen“. Laut WWF gingen in den vergangenen 100 Jahren weltweit über 50 Prozent der Flusssysteme, Moore und Seen verloren. Das ist mehr als in jedem anderen natürlichen Lebensraum.
„Die komfortable Wasser-Situation in Deutschland ist global betrachtet ein Ausnahmefall“, warnt daher Philipp Wagnitz, Referent für Süßwasser und Wasserpolitik beim WWF Deutschland. So hätten Konflikte im Nahen Osten, Gesundheitsrisiken in der Sub-Sahara, Entwicklungshindernisse in Asien oder Ernteausfälle in Nordamerika als „versteckten“ Ausgangspunkt oftmals fehlende, verschmutzte oder schlecht organisierte Süßwasserressourcen. Nicht immer sei die Wasserkrise so deutlich zu erkennen, wie derzeit in São Paulo. Die brasilianische Metropole leidet derzeit unter einer Jahrhundertdürre.
Die Krise in São Paulo sei symptomatisch für die globale Zuspitzung des Problems. In dem wirtschaftlichen Zentrum Brasiliens, herrscht seit Jahren starke Trockenheit. Hierdurch ist nicht nur die maßgeblich auf Wasserkraft basierende Stromerzeugung gefährdet, sondern auch die Wasserversorgung von Millionen Menschen. Da die Regenzeiten der vergangenen drei Jahre in der Region praktisch ausfielen, sind die zwei entscheidenden Wasserreservoire nur noch zu 14 bzw. 21% (Stand: Mitte März) gefüllt. „Die Situation spitzt sich immer weiter zu, schließlich beginnt die Trockenzeit erst in diesem Monat“, warnt Roberto Maldonado, WWF-Referent für Brasilien. „In São Paulo drohen Trinkwasserrationierungen während der Trockenperiode und in ganz Brasilien könnte es in diesem Jahr zu Stromausfällen kommen.“
Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ist die Trockenheit in São Paulo vor allem auf die Zerstörung der Natur zurückzuführen. Ein Faktor dabei ist die großflächige Umwandlung von Wäldern in Sojaplantagen. Durch die Monokulturen veränderten sich die Regen- und die Bodenverhältnisse, was jetzt zu leeren Wasserspeichern führt. Wasser wird nicht mehr in den Wäldern gespeichert um anschließend zu verdunsten um weiter im Süden wieder als Regen zu fallen sondern fließt über den Amazonasstrom zurück in den Atlantik. Das Soja wiederum wird hauptsächlich als Kraftfutter an Rinder verfüttert – auch in Deutschland. Somit ist unser Fleischkonsum indirekt auch mit der Wasserknappheit in São Paulo verbunden.
Bis 2030 benötigt die Menschheit, so die Prognose, 50% mehr Nahrung, 40% mehr Wasser und 85% mehr Energie aus Hydropower. Wasser ist dabei die wichtigste Ressource. „Wer Trinkwasser, saubere Energie und ausreichend Nahrung für alle Menschen will, muss die damit verbundenen Probleme verstehen und sie bekämpfen. Wir können uns die schlechte Bewirtschaftung einer lebensnotwendigen Ressource schlicht nicht mehr leisten“, so WWF-Experte Wagnitz. Die globale Wasserkrise sei nur durch die Umsetzung nachhaltiger Wassergesetzte, weniger Verbrauch durch die Wirtschaft, eine konsequente Behandlung von Abwässern und den Erhalt entsprechender Ökosysteme wie Feuchtgebiete und Flüsse zu lösen.
Hintergrund
Die Erde ist zu mehr als 70 Prozent von Wasser bedeckt ist, doch gerade mal drei Prozent sind trinkbares Süßwasser und davon sind wiederum nur ein Prozent für die menschliche Nutzung überhaupt erreichbar. Falls die derzeitige Entwicklung anhält, werden in nur 20 Jahren mindestens 3,5 Milliarden Menschen, also fast die Hälfte der vorausgesagten Weltbevölkerung, in wasserarmen Flusseinzugsgebieten leben.