Schweden, bitte übernehmen Sie!
Umweltverbände fordern Schwedens Regierung auf, den Braunkohle-Ausstieg mit Vattenfall zu gestalten
Der schwedische Staatskonzern Vattenfall hat Verkaufspläne für seine deutschen Braunkohlesparte angekündigt. Die Umwelt- und Entwicklungsverbände Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland, Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft, Germanwatch, Klimaallianz, Naturschutzbund Deutschland und der WWF Deutschland haben den schwedischen Premierminister Stefan Löfven nun in einem offenen Brief dazu aufgefordert, die Kraftwerke und Tagebaue schrittweise abzuwickeln und von einem Verkauf abzusehen. Die Lausitzer Braunkohlekraftwerke Jänschwalde und Boxberg von Vattenfall gehören zu den Top fünf der klimaschädlichsten Kohlekraftwerke in Europa.
Die Umwelt- und Entwicklungsverbände fordern von der schwedischen Regierung Ernst zu machen mit ihrem Engagement für mehr Klimaschutz. Ein Weiterverkauf sei keine Lösung. Lasse die schwedische Regierung zu, dass die Anlagen unter neuem Eigentümer weiterliefen, sei das für den Klimaschutz ein Nullsummenspiel. Nur die Abwicklung und Schließung der Tagebaue und Braunkohlekraftwerke sei konsequenter Klimaschutz. Dieser Prozess müsse darüber hinaus sozial gerecht und unter Mitbestimmung der Arbeitnehmer und ihrer Repräsentanten geschehen. Die Entscheidung für die Abwicklung sei der Elchtest für die Glaubwürdigkeit der schwedischen Regierung und ihres Klimaschutz-Engagements.
Nach einem Regierungswechsel im September hat die schwedische Regierung eine Neuausrichtung ihrer Energiepolitik und des staatseigenen Energiekonzern Vattenfall hin zu klimafreundlicheren Technologien angekündigt. Vattenfall will sich künftig auf erneuerbare Energien, Fernwärme, Stromvertrieb und -handel konzentrieren.
Die Verbände loben die schwedische Regierung ausdrücklich für ihre Führungsrolle im Europäischen Klimaschutz und ihre nationalen ambitionierten Klimaschutzpläne. Nun hätte Schweden die Möglichkeit, auch Deutschland beim Erreichen seiner Klimaschutzziele unter Wahrung sozialer Interessen zu unterstützen und die deutsche Energiewende auf Kurs zu halten.
Deutschland droht derzeit die angestrebte Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 40 Prozent bis 2020 eklatant zu verfehlen, wenn es nicht gelingt, Emissionen vor allem aus dem Stromsektor deutlich zu reduzieren. Das Kabinett will Anfang Dezember Maßnahmen für die Schließung der Lücke zum 40%-Ziel entscheiden.
Laut dem neuesten IPCC-Report kommt dem Ausstieg aus der Kohleverstromung und der Umstellung der Energieproduktion auf erneuerbare Energie weltweit eine Schlüsselrolle zu. Doch das Zeitfenster, das die Weltgemeinschaft zum Gegensteuern habe, um ihre globalen CO2-Emissionen zu senken, schließe sich bald.
Eine Studie verschiedener Umweltverbände inklusive dem WWF von Juni 2014 zeigt, dass Deutschland für seine Stromerzeugung mehr Kohle als jedes andere EU-Land – vor Polen und Großbritannien auf Platz 2 und 3 – verbraucht, wovon ein wesentlicher Teil exportiert wird. Im vergangenen Jahr ist die Braunkohleverstromung auf den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung im Jahr 1990 gestiegen. In Deutschland wuchsen die lange rückläufigen CO2-Emissionen um 1,5 Prozent gegenüber 2012.