Flaggschiff in schwerer See
EU-Parlament rettet Emissionshandel vorerst vor Untergang. / WWF: Deutschland bremst Reform weiter aus
Am Dienstag wurde im Europaparlament mit klarer Mehrheit das sogenannte „Backloading“ beschlossen. Damit sollen ab dem Jahr 2014 900 Million Zertifikate temporär aus dem Emissionshandelsmarkt herausgenommen werden. Der WWF lobt den Entschluss als „überfälligen kleinen Schritt in die richtige Richtung“, vor allem da Deutschland ein Jahr lang die notwendige Reform blockiert hatte. Ein Überschuss von zwei Milliarden Zertifikaten hatte die Emissionspreise zuletzt auf ein Ramschniveau gedrückt.
„Das Flaggschiff des EU-Klimaschutzes droht trotz dieser Korrektur zu kentern. Der Emissionshandel kann nur mit einer weitergehenden Strukturreform wieder flott gemacht werden. Das Schiff hat weiterhin schwer Schlagseite“, kritisiert Regine Günther, Leiterin Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF. Zwar sei es zu begrüßen, dass sich Deutschland unter der geplanten Großen Koalition dem „Backloading“ nicht länger verweigere, doch die neue Bundesregierung muss aktiv weitere Reformen vorantrieben. Davon ist bisher nichts erkennbar. „Deutschland ist bei der EU-Klimaschutzpolitik längst ein Problemfall und kein Musterschüler mehr“, so Günther. Großbritannien und Frankreich hätten hingegen signalisiert, die Reform des Emissionshandels zu unterstützen.
Dabei sollte Deutschland selbst ein elementares Interesse an einer Sanierung des europäischen Emissionshandels haben, so der WWF, da das selbstgesteckte Klimaschutzziel nur durch Beiträge eines reformierten Emissionshandels erreicht werden könnte. Im neuen Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD, wird das Ziel bekräftigt, die Treibhausgas-Emissionen in Deutschland bis 2020 um 40 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu reduzieren. Bleibt die Sanierung des Emissionshandels aus, wären rund 50% der gesamten EU-Emissionen nicht reguliert. In einzelnen Staaten wurden deshalb schon parallele nationale Maßnahmen zur Kontrolle der Treibhausgasemissionen etabliert. Die Prüfung alternativer Maßnahmen wie zum Beispiel die Einführung eines Mindestpreises im Emissionshandel oder CO2-Grenzwerte für Kohlekraftwerke sei daher dringend notwendig.